Bis zum Ersten Weltkrieg war der Handel mit Drogen im Deutschen Reich gesetzlich nicht geregelt. Erst 1917 wurde eine Verordnung über Opiate und Kokain erlassen.
Die an der Front und in den Lazaretten in stetig wachsenden Mengen benötigten Betäubungsmittel wurden damals aufgrund der Handelsblockaden knapp. Versorgungsprobleme zwangen die Reichsregierung zur Drogenkontrolle. Die Verordnung vom 22. März 19171 umfasste 3 Paragraphen und regelte den Handel mit Opium, Morphium und den übrigen Opiumalkaloiden, Kokain sowie analog zusammengesetzter Ekgoninverbindungen.2 Bei Verstößen drohten damals bis zu einem Jahr Gefängnis und/oder 10.000 Mark Geldstrafe.
Verschlimmert durch Diebstähle aus Krankenhäusern und Lazaretten wurde die Versorgungslage im Revolutionsjahr 1918 katastrophal. Als Reaktion wurde am 15. Dezember 19183 eine neue Verordnung über den Verkehr mit Opium erlassen. Mengen, welche nachstehende Grenzen überstiegen unterlagen danach der Meldepflicht:
1. Opium und Opiumpulver insgesamt: 1 Kilogramm
2. Opiumextrakte: 100 Gramm
3. Opiumtinkturen: 10 Kilogramm
4. Morphin und dessen Salze, gleichviel in welcher Form, insgesamt: 1 Kilogramm
5. Codein und dessen Salze, gleichviel in welcher Form insgesamt: 1 Kilogramm
6. andere Opiumalkaloide sowie die Verbindungen und Zubereitungen insgesamt: 1 Kilogramm
Die Strafandrohung bei Zuwiderhandlung wurde gegenüber der Verordnung von 1917 abgesenkt und lag bei höchsten sechs Monaten Gefängnis und/oder 10.000 Mark Geldstrafe.
Auszug aus dem Opiumgesetz
Am 20. Juli 1920 folgte hierauf unter Beibehaltung der nach heutigen Maßstäben geringen Strafandrohung die „Verordnung über den Verkehr mit Opium und anderen Betäubungsmitteln“.4 Der Versuch die Versorgung der Krankenhäuser und Arztpraxen mit Schmerzmitteln zu sichern und den Schwarzmarkt einzudämmen, indem dem Großhandel umfangreiche Dokumentationspflichten auferlegt wurden, schien zunächst zu funktionieren. Dies änderte eine neue Initiative der „Internationalen Vereinigung für den Kampf gegen das Opium in Peking und England“. Auf ihr Betreiben wurde der Versailler Vertrag5 in Artikel 295 I um die Verpflichtung der Verliererstaaten ergänzt, die Internationale Opiumkonvention6 vom 23. Januar 1912 binnen 12 Monaten7 zu ratifizieren.
Knapp zwei Wochen vor Ablauf der im Vertrag von Versailles gesetzten Frist, am 30. Dezember 1920, kam das Deutsche Reich seiner Verpflichtung mit der Einführung eines Opiumgesetzes8 nach. Dieses Gesetz behielt die zentralen Aufsichtsrechte des Reichsgesundheitsamtes bei und verfügte in § 8 für Verstöße gegen die Erlaubnis-, Bezugsschein-, und Lagerbuchführungspflichten und gegen bestimmte Ein- und Ausfuhrregelungen Gefängnisstrafen bis zu sechs Monaten und/oder Geldstrafe bis zu 10.000 Mark. Es unterschied sich also in der Strafhöhe nicht von den Verordnungs-Vorgängern.9
Dennoch bedeutete die Einführung des Opiumgesetzes eine Zäsur in der deutschen Drogenpolitik. Erstmals unterlag mit Rauchopium ein Stoff einem allgemeinen Verkehrsverbot – Einfuhr und Handel selbst kleinster Mengen waren generell verboten.
Mit einem Änderungsgesetz zum Opiumgesetz vom 21. März 192410 wurde die Strafandrohung von sechs Monaten auf drei Jahre erhöht.
- 1 Verordnung betreffend den Handel mit Opium und anderen Betäubungsmitteln vom 22. März 1917 (RGBl. 1917 I S. 256; RGBl. = Reichsgesetzblatt)
- 2 Ekgonin (auch Ecgonin) ist die Carbonsäure des Tropins, das mit Tropasäure verbunden, Atropin ergibt. Der Methylbenzoylesther des Ekgonins ist das Kokain.
- 3 Verordnung über den Verkehr mit Opium vom 15. Dezember 1918 (RGBl. I S. 1447)
- 4 Verordnung über den Verkehr mit Opium und anderen Betäubungsmitteln vom 20. Juli 1920 (RGBl. I S. 1464); Vgl.: S. Scheerer: Die Genese der Betäubungsmittelgesetze in der Bundesrepublik Deutschland und in den Niederlanden, Göttingen 1982, S. 41 ff.
- 5 Versailler Vertrag, am 28. Juni 1919 im Spiegelsaal zu Versailles unterzeichneter und am 10. Januar 1920 in Kraft getretener Friedensvertrag der alliierten und assoziierten Mächte mit dem Deutschen Reich, der den 1. Weltkrieg zwischen den Unterzeichnerstaaten beendete.
- 6 Gegen Opiummißbrauch (in China) richtet sich die am 23. Januar 1912 in den Niederlanden (Den Haag) geschlossenen Internationale Opiumkonvention.
- 7 „Diejenigen der hohen vertragschließenden Teile, die das Haager Opium-Abkommen vom 23. Januar 1912 noch nicht unterzeichnet oder nach der Unterzeichnung noch nicht ratifiziert haben, erklären sich damit einverstanden, das Abkommen in Kraft zu setzen und zu diesem Zwecke sobald wie möglich und spätestens binnen 12 Monaten nach dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages die nötigen Gesetze zu erlassen.“ (RGBl. 1919, II S. 1103)
- 8 Erstes Deutsches Opiumgesetz vom 30. Dezember 1920 (RGBl. 1921, I S. 2)
- 9 Vgl.: S. Scheerer: Die Genese der Betäubungsmittelgesetze in der Bundesrepublik Deutschland und in den Niederlanden, Göttingen 1982, S. 48 f.
- 10 Änderungsgesetz zum Opiumgesetz vom 21. März 1924 (RGBl. 1924, I S. 290)