Versammlungsbehörde sagt, Markt der Möglichkeiten sei nur punktuell politisch – Baustellengruben und Startplatzfuckup
Wir freuen uns ja immer über Post, aber diese war nicht so schön: Die Versammlungsbehörde stellte fest, dass die Hanfparade einen Kommerzcharakter hätte und der Markt der Möglichkeiten nur zum Umsatz machen da sei. Auch unsere Aufbauten, das Nutzhanfareal, Forum für Hanfmedizin und Kinderland seien nur „punktuell“ politisch. Leider vergisst die Versammlungsbehörde dabei, dass wir diesen Vorwurf schonmal hatten. Nämlich zur zweiten Hanfparade vor 13 Jahren. Auch dort sah die Versammlungsbehörde nicht, dass der Markt der Möglichkeiten und seine Aufbauten politischen Charakter haben. Doch ein Produkt, das politisch verhindert wird wie hier in Deutschland und weltweit durch die internationalen Abkommen, ist politisch. Auch wurde uns von der Versammlungsbehörde ein Urteil von 2001 zitiert, welches in allen Gesetzestexten eindeutig als überholt gekennzeichnet ist, denn die Fuckparade hatte 2007 eine höhere Entscheidung erwirkt. Es ist schon seltsam.
Aber die Hanfparade hatte damals gewonnen: Im Beschluss (VG 1 A383.98) der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin heißt es in der Begründung: „Es wird einstweilen festgestellt, daß der Antragsteller für den auf öffentlichem Straßenland geplanten Aufbau, Betrieb und Abbau von Bühnen, Informationsständen, Verkaufsständen für Hanfprodukte und Lebensmittel (Speisen & Getränke) sowie Toiletten im Zusammenhang mit der sogenannten HANFPARADE’98 im Bereich der Straße des 17. Juni und des Platzes vor dem Brandenburger Tor in der Zeit von Freitag, den 28. August 1998, 20 Uhr bis Sonntag, den 30. August 1998, 10 Uhr keiner straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis bedarf.“ Damit konnte der Markt der Möglichkeiten als Instrument der politischen (Meinungs-) Bildung wie geplant stattfinden.
Natürlich widersprechen wir dem Bescheid, und auch dieses Jahr werden wir notfalls am letzten Tag vor Gericht gehen, um die gesamte Hanfparade wie geplant durchführen zu können.
Würde Berlin nicht für seine Dauerbaustellen bekannt sein, müsste man meinen, die Straßen werden aufgerissen, nur um die Hanfparade zu verhindern. Tatsächlich hat sich wieder kurz vor der Demo so einiges an Behördenstress ergeben. So wurde uns weniger als zwei Wochen vorher bekannt gegeben, dass auf dem 17. Juni eine Baustelle sei und wir diese Straße nicht nutzen könnten. Natürlich wird sie genau zu unserem Wochenende fertig, bauen wird da wahrscheinlich auch niemand am Wochenende, aber die Baustelle abräumen? Lieber nicht, falls sie mit dem Bauen doch nicht fertig sind. Die Autofahrer freut es, uns ärgert es. Vielleicht liegt es auch einfach nur an der für uns normale Menschen schlicht unbegreiflichen Komplexität dieser Aufgabe, dass in dem einen Jahr am Termin der Hanfparade die Bürgersteige und der Mittelstreifen, und genau ein Jahr später wieder genau zur Hanfparade der Asphalt erneuert werden muss.
Die nächste unerfreuliche Überraschung folgte sehr bald: Auch der Antrittsort auf dem Alexanderplatz sei nicht möglich, da dort ein Straßentheater-Festival schon verweile. Das ist natürlich niemanden in den Behörden vorher aufgefallen. Somit starten wir um 13 Uhr auf der Alexanderstraße am Alexanderplatz, zwischen Alexa, bcc und Saturn. Wer zum Alexanderplatz kommt, sollte uns jedoch gleich hören können.
Die Abschlusskundgebung findet am selben Ort wie 2010 statt: Fast direkt vor dem Reichstagsgebäude auf der Scheidemannstraße, die parallel zur Straße des 17. Juni (der sogenannten „Fanmeile“ vor dem Brandenburger Tor) ca. 200 m nördlich verläuft. Dort haben wir etwas weniger Platz, doch die Nähe zu Bundestag und Bundeskanzleramt setzt politisch ein deutliches Zeichen.