Ein bei Prohibitionspolitikern beliebtes „Argument“ gegen eine Liberalisierung des Umgangs mit Cannabis und anderen Drogen ist die Mär von „internationalen Verträgen, die eine Legalisierung verhindern“. Damit die Drogenbeauftragte Dyckmanns (FDP) in aller Welt dies auch in Zukunft behaupten können, treffen sich die internationalen Drogenjäger einmal im Jahr, meist im März, in der schönen Stadt Wien und beratschlagen, wie der „Kampf“ in den kommenden Monaten zu führen sei. Auch in dieser Woche tag(t)en die einschlägigen UN-Organisationen UNODC (Büro der Vereinten Nationen für Drogen und Kriminalität) und CND (Kommission für betäubende Drogen). Anders als bei manch früherem Meeting diesmal jedoch unter Beobachtung und Beteiligung einer Vielzahl von Nichtregierungsorganisationen (NGOs).
Die Vertretung „unserer“ Interessen übernimmt dabei ENCOD, ein europaweites NGO-Bündnis für eine gerechte und effektive Drogenpolitik, dem auch die Hanfparade angehört. Gemeinsam mit Occupy Vienna, der österreichischen Piratenpartei und vielen anderen Nicht-Regierungsorganisationen aus dem Feld der Drogenthematik organisierte ENCOD einen „Gegenkongress„, Demonstrationen und eine ganze Reihe kleinerer Aktionen, mit denen darauf aufmerksam gemacht werden sollte, dass die Drogenverbote im halben Jahrhundert ihres Bestehens weltweit Leid erzeugen und zigtausende Tote gefordert haben.
Wer von einem Kongress unter dem Dach der UNO sachliches Abarbeiten einer festen Tagesordnung erwartet hatte, wurde in Wien enttäuscht. So ein Treffen der Suchtstoffkommission ist unglaublich kompliziert oder vielmehr wird es dazu gemacht. Mitunter geht es drunter und drüber und nur wer mit einer größeren Gruppe anreist, kann man überhaupt an einem nennenswerten Teil der Sitzungen teilnehmen. Einige Beratungen sind zwar nur Regierungsangehörigen vorbehalten, aber auch ohne diese Termine gibt es riesige Mengen Erklärungen, Paper und Programme zu studieren. Die „Aktenlage“ ändert sich dabei alle paar Stunden, weil neue Strategiepapiere der verschiedenen Unter-Unter-Unter-Gremien in Umlauf gebracht werden. Über allem thront das „Kommitee des Ganzen“, in dem sich die Staaten der Vereinten Nationen gegenseitige Treue im „Krieg gegen die Drogen“ schwören. Und irgendwo am Rande der Szenerie gibt es noch einen kleinen Tisch für alle jene, die sich der amtlichen Meinung nicht anschliessen wollen.
Kein Wunder, dass bei so viel bürokratischen Hickhack die Inhalte allzuleicht auf der Strecke bleiben. So hat die Suchtstoffkommission erst im Jahre 2008, also fast 100 Jahre nach den ersten Treffen, das Thema Menschenrechte behandelt und eine verwässerte Erklärung dazu herausgebracht.
Weil das von den USA und europäischen Staaten dominierte CND regionale Rausch-Traditionen in aller Regel ignoriert, gibt es wachsenden Unmut. So führte die Nichtbeachtung der Kultur des Koka-Kauens dazu, dass sich Bolivien entschied, die internationalen Verträge auszusetzen. Andere lateinamerikanische Staaten denken sogar über eine weitgehende Entkriminalisierung des Drogengebrauchs nach. Wie ENCOD sind sie zu der Erkenntnis gekommen, dass die Suchtstoffkommission die Nutzung „kontrollierter Substanzen“ weder verhindert, noch die von ihnen ausgehenden Gefahren reduziert. Und weil klar war, dass man damit bei CND und UNODC auf taube Ohren stoßen wird, trafen sich diese Staaten bewusst am anderen Ende der Welt.
Die Vereinten Nationen und die Regierungen der Welt sind für den „Krieg gegen die Drogen“ verantwortlich und damit auch für das Leid, dass dieser Hoffnungslose inhumane Feldzug in aller Welt verursacht. Die alltägliche Gewalt in Ländern wie Mexiko und Afghanistan, die Kriminalisierung ansonsten gesetzestreuer Bürgern und last but not least der größte Teil der drogenbezogenen gesundheitlichen Schäden hat nichts zu tun mit den Drogen selbst zu tun, sondern mit der Tatsache dass sie Illegalisiert wurden.
Was sonst so bei dem Treffen der Suchtstoffkommission los war, berichtet das CNDBlog der NGO’s vor Ort.