Der Begriff der Gerechtigkeit bezeichnet einen idealen Zustand des sozialen Miteinanders, in dem es einen angemessenen, unparteilichen und einforderbaren Ausgleich der Interessen und der Verteilung von Gütern und Chancen zwischen den beteiligten Personen oder Gruppen gibt.
Das BtMG ist eine Rechtsnorm, die bestimmte Gruppierungen der Gesellschaft diskriminiert (z.B. Hachischliebhaber) und andere bevorzugt (z.B. Weinliebhaber). Das BtMG in seiner heutigen Form kann deshalb nicht in Einklang mit den Grundprinzipien der Gerechtigkeit gebracht werden, weil es einen angemessenen, unparteilichen und einforderbaren Ausgleich der Interessen zwischen beteiligten Personen oder Gruppen nicht zulässt.
Recht und Gerechtigkeit
Das Recht ist die verbindliche Ordnung des allgemein akzeptierten Verhaltens innerhalb einer Gruppe (Staates). Das Recht ordnet menschliche Beziehungen, insbesondere das Verhalten des Individuums gegenüber der Gruppe und sorgt so für Gerechtigkeit innerhalb der Gruppe. Der Genuss von psychotropen Substanzen wie Cannabis betrifft nur den Konsumenten selbst, er untersteht somit nur individualethischen Regeln und entzieht sich folglich als „Verhalten des Einzelnen“ dem Recht als „Regelung menschlicher Beziehungen“. Jeder muss in seiner Art genießen können und niemand darf, solange der Genuss nicht auf Kosten oder zu Lasten anderer erfolgt, ihn in seinem eigentümlichen Genuss stören! Dies ist ein Grundprinzip der Menschen- und Bürgerrechte.
Die Begrenzung des Rechts auf die Regelung der Beziehungen zu anderen Menschen zeigt sich u.a. im wesentlichen Grundsatz des heutigen Strafrechts – dem der Fremdgefährung. Nur ein Verhalten, das die Rechtsgüter anderer Menschen oder einer ganzen Gruppe unmittelbar beeinträchtigen könnte, kann strafwürdig sein. Die gesetzgebende Gewalt darf deshalb keine Gesetze erlassen, welche die Ausübung der Menschen- und Bürgerrechte unzulässig beeinträchtigen oder hindern. Die Rechtsnorm BtMG läuft dem durch die nicht auf wissenschaftlichen Kriterien basierenden Klassifizierung von Straftatbeständen zuwider und kann somit nicht als gerechte Norm bezeichnet werden.
Das BtMG verstößt in gravierender Weise gegen das Verbot der „Strafbarkeit lediglich selbstschädigenden Verhaltens“. Der Genuss psychotroper Substanzen wie Cannabis und alle Vorbereitungshandlungen (Anbau, Erwerb und Besitz) beeinträchtigen die Rechtsgüter anderer Menschen nicht und können aus ethischer Sicht somit auch nicht strafbewehrt sein.
UNO-Drogenkonventionen unterminieren Freiheit und Gerechtigkeit
Das BtMG dient nicht der Gerechtigkeit. Das Gleiche gilt für die internationalen UNO-Konventionen zur Drogenkontrolle von 1961 (Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel), 1971 (Konvention über psychotrope Substanzen) und 1988 (Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen).
Bei genauer Betrachtung der Auswirkungen dieser Verträge ist festzustellen, dass immer mehr Menschen von den wachsenden Nebenwirkungen des illegalen Drogenhandels sowie der Politik, welche diesen zu kontrollieren versucht, betroffen sind. Die globale Entwicklung zeigt, dass der von den Vereinten Nationen eingeschlagene Weg zur Drogenkontrolle gescheitert ist. Statt Freiheit, Gesundheit und Gerechtigkeit begünstigen die nationalen und internationalen Maßnahmen zur Drogenkontrolle Korruption, Kriminalität, Krieg, Zwietracht, Verelendung und Not. Die Glaubwürdigkeit dieser Politik in der breiten Öffentlichkeit schwindet zusehends.
Die „Drogenkontrollmaßnahmen“ der UNO sind als ineffizient und nutzlos zu klassifizieren. Schlimmer noch, sie sind ein großes Hindernis bei der Einführung neuer Strategien, das Problem auf globaler wie auf lokaler Ebene anzugehen. Ein Festhalten an der aktuellen Politik der Verbote wird die Drogensituation weiter verschlechtern. Drogenkonsum ist nicht grundsätzlich ein Problem, dem entgegengewirkt werden muss, sondern der Konsum psychotrop wirkender Substanzen ist als Phänomen wahrzunehmen, das unter bestimmten Voraussetzungen in die Lebenswirklichkeiten der Menschen integrierbar ist und dort einen berechtigten Platz haben kann. Voraussetzungen hierfür sind „Drogenkompetenz“, als Basis eines autonom kontrollierten, sozial integrierten und vor allem genussorientierten Konsums, sowie „Drogenmündigkeit“, als Ausgangspunkt von Wert- und Handlungskriterien zur Partizipation von Drogenkonsumenten am Kultur- und Gesellschaftsleben.
Drogenpolitik muss sich den Prinzipien einer guten Regierungsführung unterordnen, wie sie in den universalen Menschenrechtserklärungen, in der Konvention über Biodiversität und in anderen internationalen Abkommen zugrunde gelegt sind. Insbesondere sind die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Rechte sowie das Recht auf kulturelle Vielfalt für alle Individuen zu garantieren.
Die Hanfparade fordert deshalb von den Vereinten Nationen, das Politikfeld „Drogenkontrolle“ respektive „Umgang mit psychotrop wirkenden Substanzen“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Suchtstoffkommission (CND) zu entziehen und der Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) anzuvertrauen. Dies würde zu mehr Freiheit, Gesundheit und Gerechtigkeit auf der Welt führen.
Die Gesundheit des Menschen ist laut Satzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen. Der Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswissenschaftler Klaus Hurrelmann definiert Gesundheit als Zustand des objektiven und subjektiven Befindens einer Person, der gegeben ist, wenn diese Person sich in den physischen, psychischen und sozialen Bereichen ihrer Entwicklung im Einklang mit den eigenen Möglichkeiten und Zielvorstellungen und den jeweils gegebenen äußeren Lebensbedingungen befindet.
Cannabis als Medizin
Aufgabe des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) ist es eigentlich, den Verkehr mit Betäubungsmitteln zum Wohle und gemäß den Bedürfnissen der Patienten zu regeln. Doch für das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) schien das BtMG lange in erster Linie ein Gesetz zur „Verhinderung des Verkehrs mit Betäubungsmitteln“ zu sein. Offensichtlich wurde beim BfArM die Verbotskultur (besser: Verbotsunkultur) höher bewertet als das Wohl der Patienten. Dr. Franjo Grotenhermen, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin IACM), erklärte hierzu im Sommer 2007: Es ist beschämend für ein zivilisiertes Land, dass es für diese Patienten keine andere Lösung findet, als sie wie Verbrecher zu behandeln und ins Gefängnis zu werfen. – IACM-News vom 18. August 2007
2009 konnte das erste Mal ein Patient Cannabisblüten aus der Apotheke erhalten. Dies war mit einer Ausnahmegenehmigung möglich, war aber noch immer mit hohen Hürden – wie der „Austherapiertheit“ – verbunden. Auch 2014 war die Kostenübernahme durch Krankenkassen reine Glückssache, da Cannabisblüten kein offiziell zugelassenes Medikament waren. Viele Patienten, für die Blüten die einzige Alternative sind, hatten kein Vermögen mehr, um ständig Apothekenpreise zu bezahlen und mussten so auf ihre Behandlung verzichten.
Im Mai 2011 setzte die Schwarz-Gelb geführte Bundesregierung eine Änderung des Betäubungsmittelrechts durch, welche „Cannabismedikamente“ ermöglichte. 2014 waren Cannabisblüten noch immer nur bei Multipler-Sklerose verschreibungsfähig. Neben der „Nichtvorhergesehenden Nutzung“ bei anderen Krankheitsbildern bleiben für viele Betroffene die natürlichen Cannabisblüten aber dennoch das wirksamere Mittel, eine Erfahrung die schon mit vollsynthetischen Präperaten wie Dronabinol gemacht wurde.
Viele Patienten gingen somit auf den Schwarzmarkt um sich ihre Medizin zu besorgen oder, bei jenen, wo das noch möglich war, fingen an Cannabispflanzen selbst zu ziehen, verbunden mit den Konsequenzen der Strafverfolgung. Erst ein Gerichtsurteil Mitte 2014 zwang die Beamten des Bundeinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dazu, zu einem Anbauantrag nicht Grundsätzlich und Unbegründet abzulehnen. Daraufhin ging das BfArM gegen das Urteil in Berufung.
Die Prohibitionspolitik in der Bundesrepublik Deutschland nahm Elend und Tod Schwerkranker billigend in Kauf und zeigte damit ihr wahres unmenschliches Gesicht – Im hunderttausendfachen Leid der Schmerz-, Krebs-, AIDS- oder MS-Patienten zeigte sich, dass die deutsche Drogenpolitik weit mehr von Sadismus als von Recht und Ethik geprägt war. Weshalb gegen solche staatliche Rechtswidrigkeit nicht schnell und nachhaltig gerichtlicher Rechtsschutz mobilisiert werden konnte, ist unerklärlich.
Die Hanfparade protestierte zwanzig Jahre lang jeweils mit einer Demonstration im Sommer in Berlin gegen diese unmenschliche und rechtswidrige Politik und forderte, dass natürliches Cannabis für Patienten als Medizin zugelassen wird. Nach zwanzig Jahren fand der Protest Gehör und der Bundestag votierte einstimmig für ein Gesetz, das Cannabis als Medizin zugelassen wird.
Cannabis als Medizin Gesetz tritt in Kraft
Ärzte in Deutschland können ab Freitag, 10. März 2017, für viele Krankheiten Cannabisblüten und -extrakte auf Rezept verschreiben, bei schweren Erkrankungen auch auf Kosten der Krankenkassen. Hierzu bemerkt der Deutsche Hanfverband (DHV) in seiner Pressemitteilung vom 9. März 2017: „Dieser Schritt stellt einen Meilenstein für alle Betroffenen und die gesamte Bewegung zur Legalisierung von Cannabis in Deutschland dar. Nach jahrzehntelanger Ignoranz gegenüber dem Leiden von Patienten in Deutschland hat die Regierung endlich ein Einsehen. Dies geschieht jedoch nicht aus reiner Menschlichkeit. Die Regierung wollte damit auch das Recht auf Eigenanbau von Patienten verhindern, der ihnen von immer mehr deutschen Gerichten wegen ihrer Notsituation zugesprochen wurde.“
Bundestag votiert einstimmig für Cannabis als Medizin
Einstimmig hat der Bundestag am Donnerstag, 19. Januar 2017, den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften (18/8965) angenommen, wonach künftig schwerkranke Patienten auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung auch mit hochwertigen Cannabis-Arzneimitteln versorgt werden können. An der Abstimmung nahmen weniger als zehn Prozent der Abgeordneten teil.
Nachdem der Bundestag das Gesetz zur Verwendung von Cannabis als Medizin angenommen hatte, hat am 10. Februar 2017 auch der Bundesrat zugestimmt. Das Gesetz wurde dann am 9. März 2017 im Bundesgesetzblatt (BGBl I 2017 S. 403) veröffentlicht und tritt somit am 10. März 2017 in Kraft.
Der große Haken an der Sache
Franjo Grotenhermen, Geschäftsführer der Internationale Arbeitsgemeinschaft für Cannabinoidmedikamente e.V. (IACM), vermeldete in den ACM-Mitteilungen vom 11. Februar 2017, dass das Gesetz allerdings einen großen Haken habe, wenn es um die Verschreibung dieser Medikamente zulasten der gesetzlichen Krankenkassen geht. Wörtlich heißt es in der Mitteilung: „Ärzte unterliegen einem so genannten Wirtschaftlichkeitsgebot und haben normalerweise ein begrenztes Arzneimittelbudget. Durch Patienten, die teure Medikamente verschrieben bekommen, wird dieses Budget überschritten. Das ist nur möglich, wenn diese Überschreitung im Einzelfall ausreichend begründet ist. Sonst bekommt der Arzt bzw. die Ärztin einen Regress und muss die zu Unrecht verschriebenen Medikamente aus eigener Tasche zurückzahlen. Das wird vermutlich zu einer erheblichen Verunsicherung und Zurückhaltung der Ärzte führen, wenn hier keine Klarstellung erfolgt, die solche Strafzahlungen ausschließt.“
Gesundheit und die Riten der Psychonautik
Gesundheit erschöpft sich nicht im Fehlen von Krankheit. Auch das geistige und soziale Wohlergehen gehört zum „Gesund sein“. Gemeinschaftliches Rauchen von Shillums (auch Chillum genannt), Joints und Pfeifen hat eine lange Tradition. Ausgehend vom indischen Subkontinent und dem Himalaya, wo Sadhus rituellen Konsum von Haschisch respektive von Charas (feinstes dunkles von Hand gemachtes Haschisch) praktizieren, wird heute weltweit in ritueller Weise zur seelischen und geistigen Erbauung geraucht. Das gemeinschaftliche Rauchen ist ein altes Kulturerbe und zählt zu den klassischen Riten der Psychonautik. Es dient dem geistigen und sozialen Wohlergehen und ist der Gesundheit (gemäß Satzung der Weltgesundheitsorganisation) förderlich.
Die Lebensfähigkeit solcher Riten zur Förderung des Wohlergehens kann nur gewährleistet werden, wenn es für die Zelebrierung dieser Riten geschützte Räume gibt. Dies ist heute nicht gegeben, da in den allermeisten Staaten der Umgang mit psychotrop wirkenden Substanzen strafrechtlich verfolgt wird und Orte, wo diese Riten zelebriert werden, nicht selten von der Polizei heimgesucht werden.
Ursache für das im Namen des BtMG verübte Unrecht ist die traurige Tatsache, dass ein Teil der Naturwissenschaftler, insbesondere Mediziner, bewusstseinserweiternde Erfahrungen als rein subjektiv einstufen. Außergewöhnliche Bewusstseinszustände, z.B. ein beglückender Rausch, sind einer allgemein anerkannten wissenschaftlichen Untersuchung noch nicht zugänglich. Über ihren „Erlebniswert“ hinaus haben sie derzeit für viele Mediziner keine objektiv fassbare Bedeutung. Es gibt jedoch auch Mediziner, die in der Einnahme psychotrop wirkender Substanzen einen zu nutzenden Segen für die menschliche Gesundheit respektive für das menschliche Wohlbefinden sehen.
Wenn Angst krank macht
Die Verfolgung von Cannabiskonsumenten löst bei diesen nicht selten Ängste aus. Dies verhindert jedoch einen Zustand des vollständigen geistigen und sozialen Wohlergehens und verhindert so bei den Betroffenen die Entwicklung respektive die Erhaltung von Gesundheit. Das Verbot des Umgangs mit Marihuana und Haschisch ist somit kontraproduktiv für die Gesundheit der Konsumenten. Dies gilt insbesondere für Personen, die Cannabis zur Selbstmedikation nutzen, z.B. um ihren Drang zum Alkoholkonsum zu kontrollieren.
Zur Förderung von Gesundheit gilt es in diesem Zusammenhang, Drogenkompetenz und Drogenmündigkeit zu fördern, damit ein vernünftiges Risikomanagement zur Schadensminderung machbar wird. Nur so kann das Individuum auf lange Sicht Drogenautonomie erlangen. Autonomie respektive Selbstbestimmung ist das Gegenteil von Abhängigkeit respektive Fremdbestimmung. Drogenautonomie ist somit das Gegenstück zu Drogenabhängigkeit. Drogenautonomie ist ein Zeichen von Gesundheit, Drogenabhängigkeit ein Zeichen von Krankheit.
Die Hanfparade setzt sich für eine Legalisierung des Umgangs und für einen Schutz des rituellen und hedonistischen Gebrauchs von Cannabis ein. Wir wollen, dass sich Menschen in den physischen, psychischen und sozialen Bereichen ihrer Entwicklung im Einklang mit den eigenen Möglichkeiten und Zielvorstellungen ohne Angst vor Repression entfalten können.
Der Freiheitsbegriff, der dem heutigen Verständnis zugrunde liegt, wurde im Zeitalter der Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert entwickelt. Die Berufung auf die Vernunft als universelle Urteilsinstanz gilt als zentrales Element der Aufklärung. Erst die Zugrundelegung allgemeiner Menschenrechte garantierte bürgerliche Freiheiten.
Der englische Philosoph und Vordenker der Aufklärung John Locke erklärte in dem Werk „Two Treatises of Government“ (1690) den Naturzustand für den „Zustand vollkommener Freiheit, innerhalb der Grenzen des Naturgesetzes seine Handlungen zu lenken und über seinen Besitz und seine Person zu verfügen, wie es einem am besten scheint – ohne jemandes Erlaubnis einzuholen und ohne von dem Willen eines anderen abhängig zu sein.„
Der Franzose Voltaire prägte mit seinem Ausspruch das Prinzip der Meinungsfreiheit:
„Ich bin nicht Eurer Meinung, aber ich werde darum kämpfen, dass Ihr Euch ausdrücken könnt.„
Nach dem kantschen Freiheitsbegriff ist Freiheit nur durch Vernunft möglich. Ohne Vernunft folgt der Mensch einem Tier gleich seinen Trieben. Kraft der Vernunft aber ist der Mensch in der Lage, das Gute zu erkennen und sein eigenes Verhalten dementsprechend pflichtgemäß auszurichten. Da nach Kant nur der sich bewusst pflichtgemäß, also moralisch verhaltende Mensch frei ist, sind „freies Handeln“ und „moralisches Handeln“ bei Kant ebenso Synonyme wie der freie Wille und der gute Wille.
„Niemand kann mich zwingen, auf seine Art (wie er sich das Wohlsein anderer Menschen denkt) glücklich zu sein, sondern ein jeder darf seine Glückseligkeit auf dem Wege suchen, welcher ihm selbst gut dünkt, wenn er nur der Freiheit Anderer, einem gleichem Zwecke nachzustreben, die mit der Freiheit von jedermann nach einem möglichen allgemeinen Gesetze zusammen bestehen kann, (das ist diesem Rechte des Andern) nicht Abbruch tut.„
In seiner bekanntesten Schrift „On Liberty“ (dt.: „Über die Freiheit„) setzt der britische Philosoph und Nationalökonom John Stuart Mill das Limit, „dass der einzige Grund, aus dem die Menschheit, einzeln oder vereint, sich in die Handlungsfreiheit eines ihrer Mitglieder einzumischen befugt ist: sich selbst zu schützen. Dass der einzige Zweck, um dessentwillen man Zwang gegen den Willen eines Mitglieds einer zivilisierten Gesellschaft rechtmäßig ausüben darf: die Schädigung anderer zu verhüten.„
Menschenrechte und Freiheit
Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 enthält eine Präambel und 17 Artikel, welche die grundlegenden Bestimmungen über den Menschen, seine Rechte und den Staat festschreiben. Darin wird erklärt, dass es natürliche und unveräußerliche Rechte wie Freiheit, Eigentum, Sicherheit und Widerstand gegen Unterdrückung geben muss. Alle Menschen müssen als gleich gelten, besonders vor dem Gesetz und dem Recht. Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 gehört zu den Grundlagen moderner freiheitlich demokratischer Rechtsstaaten. So heißt es in Artikel IV:
„Die Freiheit besteht darin, alles tun zu dürfen, was einem anderen nicht schadet: Die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen hat also nur die Grenzen, die den anderen Mitgliedern der Gesellschaft den Genuss ebendieser Rechte sichern. Diese Grenzen können nur durch das Gesetz bestimmt werden.“
Und in Artikel V heißt es:
„Das Gesetz darf nur solche Handlungen verbieten, die der Gesellschaft schaden. […]“
Der Genuss psychotrop wirkender Substanzen (sprich: die Seele bewegend) wie Cannabis beeinträchtigt die Rechtsgüter anderer Menschen nicht und darf deshalb aus ethischer Sicht auch nicht strafbewehrt sein. Dazu gehören auch Vorbereitungshandlungen wie der Anbau, Erwerb und Besitz. Jeder muss auf seine Art genießen können. Und niemand darf, solange der Genuss nicht auf Kosten oder zu Lasten anderer erfolgt, ihn in seinem eigentümlichen Genuss stören.
Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) hingegen verstößt in gravierender Weise gegen dieses Grundprinzip der Menschen- und Bürgerrechte, die jedem die Freiheit einräumen, all das zu tun, was keinem anderen schadet.
Gesetzesänderungen gegen Freiheitsrechte
Negative Freiheit (Freiheit von etwas) bezeichnet einen Zustand, in dem keine von anderen Menschen ausgehenden Zwänge ein Verhalten erschweren oder verhindern.
Positive Freiheit (Freiheit zu etwas) bezeichnet einen Zustand, in dem die Möglichkeit der passiven Freiheit auch tatsächlich genutzt werden kann oder nach noch weitergehender Auffassung einen Zustand, in dem die Möglichkeit tatsächlich genutzt wird.
Ein Beispiel für negative Freiheit ist die Möglichkeit, in Ruhe und Frieden sein Gras rauchen oder seine Haschischkuchen backen zu können, ohne dabei von Polizisten gestört oder verfolgt zu werden. Auch seine Meinung bezüglich verschiedener Haschischsorten frei äußern zu dürfen, ist ein Beispiel negativer Freiheit. Beides ist derzeit nicht möglich, da die geltenden Gesetze diese Freiheiten einschränken, obwohl keine Drittpersonen durch die Ausübung dieser Freiheiten eingeschränkt würden. Im Sinne der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte sind solche Gesetze unzulässig. Deshalb setzt sich die Hanfparade für eine die Freiheit respektierende Änderung der Gesetze ein.
Wahre positive Freiheit würde im erstgenannten Beispiel bedeuten, dass es auch erlaubt sein muss, sein Marihuana selbst anzubauen oder auch bei einem Händler zu erwerben. Im zweiten Beispiel darf die Freiheit nicht beim Zugang zu Informationen enden, den Quellen darf auch keinerlei Repression wegen vermeintlicher „Drogen-Empfehlungen“ drohen.
Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) stellt die Vorbereitungshandlungen (Anbau, Erwerb, Besitz) für den Genuss bestimmter psychotroper Substanzen unter Strafe (Strafwürdig ist der Umgang mit in den Anlagen I bis III zu § 1 BtMG aufgeführten Substanzen). Für die Vorbereitungshandlungen zum Genuss anderer psychotroper Substanzen sieht das BtMG hingegen keine Strafe vor. Cannabisprodukte sind in den Anlagen aufgeführt und somit ist der Umgang mit ihnen von Strafe bedroht. Die Wissenschaft ist sich jedoch sicher, dass der Umgang mit Haschisch und Marihuana weniger schädlich ist als beispielsweise der Umgang mit Alkohol, der straffrei ist. Die im gesetzten Recht festgelegte Liste der „verbotenen Stoffe“ kann deshalb nur als willkürlich bezeichnet werden. Sie ist nicht gerecht (unerträglich ungerecht). Sie ist „unrichtiges Recht„.
Deshalb setzt sich die Hanfparade für eine die Freiheit respektierende Änderung des BtMG, respektive die Abschaffung der derzeitigen fundamentalistischen (nicht auf Vernunft basierenden und repressiven Drogenpolitik ein.
Die Hanfparade 2011 ist nicht die erste Demonstration in Berlin, deren Teilnehmer sich damit auseinandersetzen müssen, dass man ihnen die Ausübung ihrer Grundrechte verwehrte und sie Opfer von Willkür seitens der Exekutive und Judikative wurden.
Hans Cousto, der seit den Anfängen der modernen Demonstrationskultur in eben dieser aktiv ist und mit der Fuckparade sehr ähnliche Vorgänge erlebt hat, erklärt im folgenden Text, der hier am 18. Oktober 2011 veröffentlicht wurde, warum das Verbot weiter Teile der Hanfparade 2011 rechtswidrig war und wieso die Organisatoren jetzt für ihr Recht auf freie Meinungsbildung kämpfen müssen. Dazu schildert er, wie die Fuckparade vor zehn Jahren einen gleichartigen Kampf kämpfen musste und schlussendlich gewann.
Wenn Grundrechte nicht selbstverständlich sind
Das Recht mit anderen Menschen zusammen für etwas in der Öffentlichkeit zu demonstrieren ist in Deutschland ein unveräußerliches Grundrecht, das in Artikel 8 (Versammlungsfreiheit) des Grundgesetzes festgeschrieben ist. Das besagte Grundrecht gewährleistet insbesondere Minderheitenschutz und verschafft auch denen die Möglichkeit zur Äußerung in einer größeren Öffentlichkeit, denen der Zugang zu den Medien versperrt ist. Die darauf bezogene Versammlungsfreiheit genießt einen gegenüber der allgemeinen Handlungsfreiheit einen gesteigerten Schutz. Doch dieses Recht ist in der Bundesrepublik Deutschland keine Selbstverständlichkeit, sondern muss – wie im Fall der Fuckparade 2001 – nicht selten erst bei Gericht eingeklagt werden, wobei es Jahre dauern kann, bis einem das verbriefte Recht auch amtlich zugesprochen wird.
So hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erst knapp sechs Jahre nach der geplanten Fuckparade 2001 entschieden, dass der Polizeipräsident in Berlin die Veranstaltung Fuckparade 2001 als Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes und damit im Sinne des Grundgesetzes hätte behandeln müssen. Das Verbot der Fuckparade im Jahr 2001 war somit rechtswidrig.
Die Tatsache, dass der Leiter der Versammlungsbehörde, Joachim Haß, am 14. Juli 2011 in seinem Ablehnungsbescheid große Teile der Abschlusskundgebung der Hanfparade 2011 als nicht konform mit dem Versammlungsgesetz klassifizierte und dies mit einem vom Bundesverwaltungsgericht am 16. Mai 2007 aufgehobenen Urteil (BVerwG 6 C 23.06 betreffend Fuckparade gegen Versammlungsbehörde Berlin) begründete, löste nicht nur im Kreise der Freunde der Hanfparade Empörung aus. Dies vor allem, weil die Versammlungsbehörde von Berlin als Beklagte an diesem Verfahren beteiligt war.
Der Leiter der Versammlungsbehörde, Joachim Haß, wusste als Prozessbeteiligter also genau, dass das von ihm angeführte Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 2. Mai 2006 (OVG 1 B 4.05) aufgehoben worden war.
Auch die Tatsache, dass Joachim Haß oder eine andere zuständige Person der Versammlungsbehörde für die Veranstalter der Hanfparade 2011 nach der Erteilung des Ablehnungsbescheides nicht zu sprechen waren, löste ebenso Befremden aus. Und nicht zuletzt die Tatsache, dass das Gericht am Samstag trotz dieser Umstände den Bescheid der Versammlungsbehörde nicht aufgehoben hat, löste vor allem bei Juristen Bestürzung aus, vor allem auch, weil bekannt wurde, dass das Gericht und die Versammlungsbehörde in ständigen Kontakt standen bei der Findung der Entscheidung.
Hier wurden offenbar in verschiedener Hinsicht rechtsstaatliche Prinzipien gebrochen. Es sollte wohl eine politisch opportune Entscheidung gefällt werden. Enthält eine geplante Zusammenkunft von Personen Elemente, die sowohl auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die anderen Zwecken dienen, ist sie als Versammlung im Sinne des Grundgesetzes und des Versammlungsgesetzes zu behandeln, wenn die anderen Zwecke nicht aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters erkennbar im Vordergrund stehen. (Leitsatz aus dem Urteil des 6. Senats vom 16. Mai 2007 BVerwG 6 C 23.06)
Der Berliner Paradenstreit
Enstehung und Verbot der Fuckparade – Demonstration gegen Kommerz zu Kommerziell?
Als farbenfrohe Demonstration für Freude und Frieden ist die Berliner Love Parade 1989 der damals sich neu entwickelnden Techno-Szene des Berliner Undergrounds entsprungen. Der Discjockey Dr. Motte meldete seinerzeit als Veranstalter diese Demonstration bei der zuständigen Polizeibehörde an und seiner Einladung zum Friedenstanz folgten etwa 150 Freunde aus der Szene. Mit ihrer Art zu demonstrieren, setzten sie völlig neue Akzente in die Versammlungskultur.
Mitte der neunziger Jahre war die Love Parade schon weit mehr vom Kommerz als von der Kultur geprägt. Ein paar wirtschaftlich und personell eng verflochtene Firmen hatten das rege Medieninteresse an der Love Parade für die Werbung ihrer Veranstaltungen sowie von teuren Markenprodukten ausgeschlachtet und die Love Parade war vom Konzept her nichts anderes mehr als ein rein kommerzielles Straßenfest. Außer der Love Parade GmbH waren vor allem die Planetcom GmbH, die May Day GmbH sowie die Low Spirit Recordings GmbH an der Ausschlachtung der Berliner Underground-Kultur zum Nachteil der Underground-Szenen in der Stadt beteiligt. Die Love Parade GmbH, eine auf Gewinnstreben ausgelegte Kapitalgesellschaft, verlangte für jeden Musikwagen mehrere Tausend Mark Anmeldegebühr, so dass viele Berliner Szene-Clubs, in denen nicht wenige der groß präsentierten Musiktitel entstanden, keine Teilnahmechancen hatten. Zudem kassierte die Love Parade GmbH jährlich aus den Verkäufen von Bildrechten und Werbeeinnahmen Beträge in Millionenhöhe. Kurzum, die Love Parade GmbH nutzte über Jahre hinweg für ihre Tanzparade in Berlin den Status einer Demonstration und die damit verbundene Förderung mit Steuergeldern (Kosten für Absperrungen und Reinigung zu Lasten der Staatskasse) und konnte so Gewinne in Millionenhöhe erwirtschaften.
Um gegen diesen Missbrauch des Versammlungsrechtes wie auch gegen den damit einhergehenden Trend zur Kommerzialisierung der Berliner Technoszene ein Signal zu setzen, haben sich 1996 vor allem politisch redlich denkende Raver vom Umfeld der Love Parade und ihre Macher distanziert und ab 1997 jeweils am Tag der Love Parade zu einer Demonstration gegen diesen Missbrauch und vor allem auch gegen diese Kommerzialisierung aufgerufen und sich zur Veranstaltung der Hateparade (1997) respektive Fuckparade (ab 1998) versammelt. Somit war den Behörden in Berlin spätestens ab der Anmeldung der Hateparade im Juli 1997 durch DJ Trauma XP der Tatbestand bekannt, dass die Love Parade keine Demonstration im Sinne des Versammlungsrechtes war, sondern eine kommerzielle Tanzveranstaltung. Dennoch duldeten die Polizeibehörden die Love Parade als Demonstration, weil sie so viel Geld und Touristen in die Stadt holte wie keine andere Großveranstaltung in Berlin.
Erst die ursprünglich für den 14. Juli 2001 vorgesehene, dann aber erst am 21. Juli 2001 durchgeführte Love Parade, die wegen einer bereits zuvor für den gleichen Zeitraum am gleichen Ort angemeldeten Demonstration zum Thema „Der Tiergarten gehört allen Berlinern“ untersagt worden war, wurde gemäß Bescheid des Polizeipräsidenten in Berlin vom 22. Mai 2001 nicht mehr als Demonstration anerkannt. Zur Begründung hieß es, die Love Parade sei eine reine Musikveranstaltung und weise nicht den für eine Versammlung maßgeblichen verbindenden Zweck der Meinungsbildung und Meinungsäußerung auf. Auch das in dieser Sache angerufene Verwaltungsgericht entschied am 28. Juni 2001 in gleicher Weise und stellte zudem fest, dass die Versammlungseigenschaft auch deshalb zu verneinen sei, weil es sich bei der Love Parade um eine kommerzielle Veranstaltung handle. Es sei nicht gerechtfertigt, rein wirtschaftlich motivierte Zusammenkünfte von Menschen verfassungsrechtlich zu privilegieren. Diese Entscheidung wurde am 6. Juli 2001 vom Oberverwaltungsgericht und am 12. Juli 2001 vom Bundesverfassungsgericht bestätigt. So war die Love Parade im Jahr 2001 keine Demo, sondern eine reine Straßenveranstaltung (auf der Basis einer straßenrechtlichen Sondernutzungsgenehmigung) und die Macher mussten die Müllbeseitigung sowie andere Nebenkosten bezahlen und nicht mehr der Steuerzahler.
Uneinigkeit bei den Gerichten
Der Antrag von DJ Trauma XP, die Fuckparade im Juli 2001 als Demonstration durchzuführen, wurde vom Polizeipräsidenten in Berlin mit Bescheid vom 14. Mai 2001 zurückgewiesen. Dem eingelegten Widerspruch gegen den Bescheid des Polizeipräsidenten wurde vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 28. Juni 2001 stattgegeben. Das Gericht stellte fest, dass es für die Qualifizierung als Versammlung unerheblich sei, ob Musik und Tanz zur Unterstützung der Versammlungsthemen als spezifische Ausdrucksformen eingesetzt werden. Die Veranstaltung habe gleichwohl deshalb Versammlungscharakter, weil die Verbreitung zahlreicher Handzettel beabsichtigt sei, auf denen das Anliegen der Veranstaltung ausführlich und verständlich dargestellt werde. Zudem verfolge die Fuckparade nicht wie die Love Parade kommerzielle Zwecke. Weder müssen für die Musikwagen Startgebühren entrichtet werden, noch seien Werbeeinnahmen oder sonstige Gewinne zu erwarten. Die Fuckparade habe den Charakter einer Demonstration.
Das Oberverwaltungsgericht änderte diese Entscheidung mit Beschluss vom 6. Juli 2001 wieder mit der Begründung ab, das Schwergewicht der Veranstaltung liege eindeutig auf dem Gebiet der Unterhaltung. Dem schloss sich auch das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 12. Juli 2001 mit einer äußerst realitätsfremden abschließenden Bemerkung an, dass auch der Fuckparade die Möglichkeit bleibe, eine Sondernutzungsgenehmigung für die Straßenbenutzung zu beantragen, wobei deren Erteilung nicht aus zeitlichen Gründen im Hinblick auf den langwierigen, die rechtliche Einordnung der Veranstaltung betreffenden Entscheidungsprozess, versagt werden dürfe. Da eine kostenneutrale Sondernutzungsgenehmigung in nur einem Tag in Berlin nicht erteilt werden kann, wurde der Fuckparade somit ihr Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit mit höchstrichterlichem Segen verwehrt. Die Fuckparade konnte nicht stattfinden. Stattdessen wurde am 14. Juli 2001 für das Demonstrationsrecht und die freie Wahl der Mittel bei einer Versammlung auf öffentlichem Grund demonstriert. Radio Fritz, ein öffentlich-rechtlicher Radiosender in Berlin, solidarisierte sich mit der Fuckparade. Die Djs konnten in der Volksbühne ihre Platten auflegen, die Musik wurde vom Radiosender übertragen und sollte auf der Demonstration aus Radios und Ghettoblastern die verbotenen Soundsysteme ersetzen. Prompt wurden auch die Radios und Ghettoblaster verboten, obwohl das Abspielen von Musik auf Demonstrationen sonst etwas selbstverständliches ist.
Besonders pikant dabei ist die Tatsache, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss feststellte, dass Versammlungen auch dann in den Schutzbereich des Versammlungsfreiheit fallen, wenn sie ihre kommunikativen Zwecke unter Einsatz von Musik und Tanz verwirklichen. Dies gilt jedoch nur, wenn diese Mittel zur kommunikativen Entfaltung mit dem Ziel eingesetzt werden, auf die örtliche Meinungsbildung einzuwirken. Von der Versammlungsfreiheit sind solche Veranstaltungen auch dann erfasst und rechtlich geschützt, wenn sie sich zum Beispiel dafür einsetzen, dass bestimmte Musik- und Tanzveranstaltungen auch in Zukunft ermöglicht werden sollen. Geschützt durch das Grundgesetz ist in solchen Fällen die kommunikative Einflussnahme auf die öffentliche Meinung, um auf die zukünftige Durchführung solcher Veranstaltungen hinzuwirken, nicht aber das Abhalten der Musik- und Tanzveranstaltung selbst. Nach mehreren Gerichtsverhandlungen, die sich insgesamt über etwa sechs Jahren hinzogen, hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 16. Mai 2007 entschieden, dass der Polizeipräsident in Berlin die Veranstaltung Fuckparade 2001 als Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes und damit im Sinne des Grundgesetzes hätte behandeln müssen. Das Verbot der Fuckparade im Jahr 2001 war somit rechtswidrig.
Die Chronologie eines Rechtsstreites – gehört Musik zur Meinungsbildung?
Der Leiter der Berliner Versammlungsbehörde, Joachim Haß, hatte in einem Kooperationsgespräch mit dem Veranstalter der Fuckparade am 9. April 2001 angekündigt, die Fuckparade dieses Jahr nicht mehr als Demonstration genehmigen zu wollen. Vorsorglich hatten die Veranstalter der Fuckparade gegen diesen mündlichen Verwaltungsakt am 18. April 2001 Widerspruch eingelegt, jedoch ohne Erfolg. Gegen die Ablehnung der Fuckparade als Demonstration haben die Fuckparade-Organisatoren 21. Mai 2001 vor dem Berliner Verwaltungsgericht einen Eilantrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen das Land Berlin gestellt. Im Beschluss vom 28. Juni 2001 begründete das Verwaltungsgericht Berlin ausführlich, warum die Fuckparade eine Demonstration im Sinne des Versammlungsgesetzes sei.
Nachdem das Berliner Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 28. Juni 2001 der Fuckparade die Versammlungseigenschaft zuerkannt hatte, reichte die Versammlungsbehörde am 3. Juli 2001 Beschwerde gegen diesen Beschluss beim Oberverwaltungsgericht Berlin ein. Mit Beschluss vom 6. Juli 2001 erklärte das Berliner Oberverwaltungsgericht, dass die geplante Fuckparade 2001 keine Demonstration im Sinne des Versammlungsgesetzes sei.
Am 9. Juli 2001 beantragte der Anmelder der Fuckparade 2001 beim Bundesverfassungsgericht in einem Eilantrag die Aufhebung des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 06.07.2001 und des Bescheides des Polizeipräsidenten in Berlin vom 14.05.2001 zu regeln und dass die mit Schreiben vom 19.03.2001 angemeldete Fuckparade 2001 nach dem Versammlungsgesetz zu behandeln sei. In dem Verfahren über diesen Antrag entschied das Bundesverfassungsgericht im Wege einer einstweiligen Anordnung, dass die Fuckparade 2001 keine Demonstration im Sinne des Versammlungsgesetzes sei.
“Für Demonstrationsfreiheit, für eine freie Wahl der Mittel einer Demonstration”
Nachdem der Antragsteller mit seinem Begehren, die für den 14. Juli 2001 geplante Fuckparade 2001 als Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes abzuhalten, nunmehr auch höchstrichterlich gescheitert war, meldete er sogleich für den selben Termin eine Versammlung zum Thema „Für Demonstrationsfreiheit, für eine freie Wahl der Mittel einer Demonstration“ in Berlin-Mitte an. Nach der Anmeldung sollte eine herkömmliche Demonstration mit Transparenten, Megafonen, Sprechchören und Redebeiträgen abgehalten werden; Musikwagen seien nicht vorgesehen. Der Antragsteller rief indes alle Teilnehmer in einem im Internet veröffentlichten Aufruf dazu auf, zivilen Ungehorsam zu zeigen. Dazu sollten alle Teilnehmer Musikinstrumente, Trommeln und Ghettoblaster mitbringen. Weiter hieß es in dem Aufruf wörtlich: „Durch das Mitbringen der Radios zeigen wir auch die immer wieder geforderte innere Verbundenheit: Radio Fritz hat sich solidarisch mit den Veranstaltern gezeigt und stellt uns von 14-20 Uhr eine Frequenz und einen Übertragungswagen zur Verfügung, über den sich unsere DJs, MCs und RednerInnen Gehör verschaffen können.„
Mit Bescheid vom 13. Juli 2001 hatte der Polizeipräsident in Berlin die Anmeldung bestätigt und zugleich mit der Auflage versehen, dass das Mitführen von elektronischen Musikabspielgeräten (wie z.B. Ghettoblaster, Radios, CD-Player o.ä.) und Musikinstrumenten untersagt werde. Zwischenzeitlich hatte die Behörde klargestellt, dass hiervon rein mechanisch betriebene Instrumente ausgenommen seien. Zur Begründung hatte sich die Behörde im Kern darauf berufen, dass anderenfalls über den Umweg einer Radioübertragung die Durchführung der Fuckparade 2001 in ihrer ursprünglichen Form ermöglicht würde. Gegen diese Auflagen legte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht in Berlin Widerspruch ein. Gemäß Beschluss vom gleichen Tag wies das Verwaltungsgericht den Antrag auf Widerspruch zurück. Die Beschwerde des Antragstellers beim Oberverwaltungsgericht gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 13. Juli 2001 wurde am folgenden Tag abgelehnt.
Im Hauptverfahren zum 1. Eilverfahren hatte das Verwaltungsgericht Berlin am 23. November 2004 festgestellt, dass der Verwaltungsakt der Versammlungsbehörde zur Fuckparade 2001 rechtswidrig gewesen sei. Es teilte jedoch nicht die Auffassung, dass die Fuckparade 2001 auch ohne Redebeiträge eine Demonstration im Sinne des Versammlungsgesetzes gewesen wäre.
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte am 2. Mai 2006 die Berufung zurückgewiesen und entschieden, dass die Fuckparade 2001 in ihrer ursprünglich angemeldeten Form ohne Redebeiträge keine Demonstration gewesen wäre. Die Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde wegen der grundlegenden Bedeutung des Urteils jedoch zugelassen.
Sieg der Fuckparade – Musik gehört zur Meinungsbildung
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 16. Mai 2007 entgegen den vorausgegangenen Beschlüssen des Berliner Verwaltungsgerichts und Oberverwaltungsgerichts bestätigt, dass die Fuckparade 2001 in der geplanten Form auch ohne Redebeiträge eine Demonstration im Sinne des Versammlungsgesetzes gewesen wäre und entschieden, dass der Polizeipräsident in Berlin die Veranstaltung Fuckparade 2001 als Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes und damit im Sinne des Grundgesetzes hätte behandeln müssen. Die von dem Kläger angemeldete Veranstaltung war als Versammlung zu behandeln, weil nicht zweifelsfrei auszuschließen ist, dass die Veranstaltung, mit Blick auf ihr Gesamtgepräge, für einen Außenstehenden erkennbar auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet war.
Bei der Beurteilung des Gesamtgepräges einer Veranstaltung sind mit Blick auf die besondere Bedeutung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit im Wege einer Gesamtschau alle maßgeblichen Gesichtspunkte mit der ihnen zukommenden Bedeutung zu berücksichtigen. Dem hat das Oberverwaltungsgericht nicht ausreichend Rechnung getragen. Es hat mehrere relevante Umstände unberücksichtigt gelassen. Nach der vom Bundesverwaltungsgericht angestellten eigenständigen Beurteilung des Gesamtgepräges der Veranstaltung war diese als Versammlung zu behandeln. Dafür, dass die Veranstaltung erkennbar auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sein sollte, sprechen insbesondere die Handzettel, auf denen die Forderungen der Veranstaltung wiedergegeben und näher beschrieben wurden, und die beabsichtigte Wiedergabe der Forderungen auf den an den Lastkraftwagen befestigten Bannern. Von Bedeutung sind auch der Internetauftritt des Klägers, in dem die Forderungen der Veranstaltung ausführlich dargelegt und begründet wurden, und die von dem Kläger initiierte Podiumsdiskussion.
Angesichts der zahlreichen aussagekräftigen Umstände, die für eine Versammlung sprechen, kann nicht angenommen werden, dass die auf Musik, Tanz und Unterhaltung gerichteten Elemente der Veranstaltung im Vordergrund gestanden hätten. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat auch für zahlreiche andere Demonstrationen eine grundlegende Bedeutung, da ihnen der Status allein wegen des Fehlens von Redebeiträgen nicht mehr verwehrt werden darf.
Urteile zur Fuckparade 2001
Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. Juni 2001 im 1. Eilverfahren (VG 1 A 166.01)
Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 6. Juli 2001 im 1. Eilverfahren (OVG 1 S 11.01)
Die Hanfparade 2010 fand am Samstag, dem 7. August 2010 statt. Sie begann um 13 Uhr mit einer Kundgebung zwischen Fernsehturm und S-Bahnhof Alexanderplatz.
Ziel der Hanfparade 2010 war es, das Wissen um die Kulturpflanze Hanf und die Legalisierung ihrer Nutzung als Rohstoff, Medizin und Genussmittel auf die politische Tagesordnung zu setzen.
Die Hanfparade forderte u.a., die gesamte Hanfkultur dem immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO zuzuordnen. „Wir wollen Hanf als Rohstoff, Lebens-, Genussmittel und Medizin zum Wohl der Menschheit nutzen“ so Hanfparade-Pressesprecher Steffen Geyer. Die Hanfparade forderte deshalb ein Ende der gegenwärtigen – ausschließlich auf Strafverfolgung ausgerichteten – Drogenpolitik.
An der Hanfparade 2010 beteiligten sich ca. 3000 Menschen.
Was Recht und was Unrecht ist, muss, damit eine Rechtsnorm allgemein akzeptiert wird, verständlich und überzeugend sein und sollte nicht im Widerspruch zu wissenschaftlichen Erkenntnissen stehen. Nur eine allgemein akzeptierte Rechtsnorm kann auf Dauer den sozialen Frieden in der Gesellschaft sichern. Eine Rechtsnorm, die bestimmte Gruppierungen der Gesellschaft diskriminiert und andere bevorzugt, bringt Zwietracht ins Land und ist der Keim von sozialen Unruhen.
Solange, wie zuvor bereits erwähnt, der heutige Rechtsstaat im Bewusstsein der Menschen als Garant von in der Verfassung genau umrissenen Rechtsgütern wie eben zum Beispiel die freie Meinungsäußerung und Persönlichkeitsentfaltung verankert ist, wird der soziale Friede im Land von einer großen Mehrheit der Bevölkerung gestützt. Assoziiert jedoch eine Mehrheit mit modernem Rechtsstaat Begriffe wie Kronzeugenregelung, V-Leute, großer Lauschangriff, Observation, Telefonüberwachung, Rasterfahndung, Vorratsdatenspeicherung, etc., dann fühlen die Menschen sich gedemütigt und sehen sich nicht mehr als Teil des Staates, sondern denselben als Bedrohung und Feind.
Das BtMG ist eine Rechtsnorm, die von vielen in ihrer heutigen Form nicht akzeptiert wird, da das BtMG eine einseitige und willkürliche Beschneidung individueller Lebensgestaltung mit sich bringt.
Die deutsche Drogenpolitik basiert, so die offizielle Darstellung, auf dem Gleichgewicht von vier Säulen. Ein Maßnahmenmix aus „Prävention“, „Suchthilfe“, „Überlebenshilfe“ und „Repression“ soll leisten, was in der Geschichte der Menschheit noch nie gelang – Eine „drogenfreie Gesellschaft“ soll entstehen.
Den vorgeblichen Gleichklang der drogenpolitischen Säulen gibt es in der Realität indes nicht. Geradezu sträflich einseitig konzentriert sich die Politik auf repressive Maßnahmen. Das wichtigste drogenpolitische Werkzeug unserer Zeit, die von Verboten und der Drohung mit Strafe geprägt ist, ist das deutsche Betäubungsmittelgesetz (BtMG).
Um zu zeigen, dass sich dieses BtMG auch weit über 40 Jahre nach seiner Verkündung weder aus ethischer noch aus rationaler Sicht günstig auf das Wohlbefinden der Menschen auswirkt, bieten wir im Folgenden umfangreiche Informationen über Entstehung, Ziele und Auswirkungen des Betäubungsmittelgesetzes.
Für die Texte zeichnet sich der Musikwissenschaftler, Drogenforscher und Autor Hans Cousto verantwortlich.
Eine druckerfreundliche Vorabfassung dieser Texte (PDF, 31 S., 159 KB) ist am 23. Dezember 2010 auf der Website von Eve & Rave Berlin publiziert worden.
Bis zur Mitte der sechziger Jahre war Drogenpolitik im Verhältnis zu anderen Politikfeldern ein äußerst kleiner und gesellschaftlich kaum beachteter Bereich. Wohl vor allem auf Grund der geringen Zahl sozial auffälliger Drogenkonsumenten blieb das Opiumgesetz weithin papierenes Recht ohne akute Verfolgungsrealität.1 Entsprechend niedrig war die Zahl der wegen des Opiumgesetzes Verurteilten Personen. Anfang der Sechziger lag diese zwischen 100 und 150 pro Jahr. Das heißt zwei bis drei Verurteilungen pro Woche in der ganzen Bundesrepublik Deutschland.2
Bei der Gesamtbetrachtung der historischen Entwicklung vom Opiumgesetz zum Betäubungsmittelgesetz ist zu beachten, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht frei ist, welche Ziele sie im Bereich der Drogenpolitik verfolgen will. Sie ist vielmehr durch eine Reihe von Übereinkommen im Rahmen der Vereinten Nationen (UNO) gebunden. Es handelt sich hierbei um das Einheits-Übereinkommen vom 30. März 1961 über Suchtstoffe3 in der Fassung des Protokolls vom 25. März 1972 zur Änderung des Einheits-Übereinkommens von 1961 über Suchtstoffe (sogenannte Single-Convention)4 und um das Übereinkommen vom 21. Februar 1971 über psychotrope Stoffe.5
Vor dem Hintergrund dieser internationalen Entwicklung änderte sich der Stellenwert der Drogen- und speziell der Cannabispolitik Ende der sechziger Jahre. Dies geschah unter dem Eindruck des vor allem dem in den USA wahrgenommenen „Jugend-Drogen-Problems„. Auch in Deutschland vermittelte die Presse nach dem reißerischen Vorbild in den Vereinigten Staaten den Eindruck einer gewaltigen „Haschisch- und Drogenwelle„, die das Land zu überrollen drohe. Zur Dramatisierung vermeintlicher „sozialer Probleme“ wurden Drogen mit der von Studenten getragenen Protestbewegung, die sich während der großen Koalition aus CDU/CSU und SPD von 1966 bis 1969 als „Außerparlamentarische Opposition (APO)“ formiert hatte, in Verbindung gebracht.6
Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber (Bundestag und Bundesrat) im Dezember 1971 das Opiumgesetz, das vor allem die verwaltungsmäßige Kontrolle der medizinischen Versorgung der Bevölkerung regelte, durch ein neues „Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz, BtMG)“ ersetzt. Dem neuen Gesetz liegt eine differenzierte Klassifizierung von Tatmerkmalen zugrunde, so dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers jedem Tätertypus eine Sanktionsstufe zugeordnet werden kann, wobei die Höchststrafe von drei auf zehn Jahre heraufgesetzt wurde. Das BtMG wurde am 22. Dezember 1971 verkündet, am 24. Dezember 1971 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und am 25. Dezember 1971 in Kraft gesetzt. Nach einigen redaktionellen Änderungen wurde es am 10. Januar 1972 neu bekannt gemacht.7
Der Gesetzgeber (Legislative) ermächtigte in § 1 Abs. 2 bis 6 BtMG die Bundesregierung (Exekutive) durch Rechtsverordnung weitere Stoffe den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften zu unterstellen. Diese Ermächtigungsgrundlage der Bundesregierung ist nach Ansicht diverser namhafter Juristen nicht mit dem Gewaltenteilungsprinzip des Grundgesetzes (GG) vereinbar, da das BtMG nicht nur Ordnungswidrigkeiten und Vergehen, sondern auch Straftaten (unter anderem kriminelle Handlungen) mit Strafe bedroht. Die Tatsache, dass nicht nur der Gesetzgeber, sondern ein Verordnungsgeber der Exekutive Straftatbestände schaffen kann, die mit hohen Freiheitsstrafen (seit dem 25. Dezember 1971 bis zu zehn Jahren, seit dem 1. Januar 1982 sogar Höchststrafen bis zu 15 Jahren)8 geahndet werden können, hat in den vergangenen Jahren immer wieder heftige und kontroverse Debatten im Kreise der Verfassungs- und Strafjuristen ausgelöst, da einerseits Grundrechtsbegrenzungen nur unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebotes erfolgen dürfen und anderseits die strafbewehrte Drogenprohibition kaum geeignet scheint, das gesetzgeberische Ziel (Verfügbarkeit der in den Anlagen aufgeführten Stoffe zu unterbinden) zu erreichen.
Bei der Novellierung des BtMG hat der Gesetzgeber 1981 eine Akzentverschiebung vorgenommen. Gemäß Gesetz zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechts vom 28. Juli 1981 (BGBl. I S. 681) wurde neben drastischen Strafverschärfungen in den §§ 29 a, 30, 30 a und 30 b für „schwere Rauschgiftkriminalität„, die am 1. Januar 1982 in Kraft traten, die sozialtherapeutische Rehabilitation für abhängige Straftäter stärker in den Vordergrund gerückt.
1S. Quensel: Drogenelend. Cannabis, Heroin, Methadon. Für eine neue Drogenpolitik, Frankfurt 1982, S. 77
2H. Ellinger: Betäubungsmittel und Strafbarkeit, in: Schriftenreihe des Bundeskriminalamtes 1974/1-3, S. 26 ff.
4Protokoll vom 25. März 1972 zur Änderung des Einheits-Übereinkommens von 1961 über Suchtstoffe, sogenannte Single-Convention (BGBl. 1975, II S. 2; BGBl. = Bundesgesetzblatt)
5Übereinkommen vom 21. Februar 1971 über psychotrope Stoffe (BGBl. 1976, II S. 1477)
6V. Schmidt: Alte Politik gegen neue Drogen ? Deutungsmuster in der drogenpolitischen Debatte – die Beispiele Cannabis und Ecstasy . Eine Inhaltsanalyse der bundesdeutschen Tages- und Wochenpresse 1967-1972 und 1992-1997, Wissenschaftliche Hausarbeit zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra Atrium der Universität Hamburg, Hamburg 1998, S. 21
7Das neue Gesetz wurde am 22. Dezember 1971 verkündet, am 24. Dezember 1971 im Bundesgesetzblatt (IS. 2092) veröffentlicht und am 25. Dezember 1971 in Kraft gesetzt. Nach einigen redaktionellen Änderungen wurde das Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln am 10. Januar 1972 neu bekannt gemacht (BGBl. I. S. 1).
8Bei der Novellierung des BtMG hat der Gesetzgeber 1981 eine Akzentverschiebung vorgenommen. Im BtMG gemäß Gesetz zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechts vom 28. Juli 1981 (BGBl. I S. 681) wurde neben den drastischen Strafverschärfung in den § 29 a, 30, 30 a und b für „schwere Rauschgiftkriminalität“, die am 1. Januar 1982 in Kraft traten, die sozialtherapeutische Rehabilitation für abhängige Straftäter stärker in den Vordergrund gerückt.