Poster der 10.Hanfparade

Hanfparade 2006 – Umdenken statt Milliarden verschenken!

Poster der 10.Hanfparade

Die 10.Hanfparade fand am 05.August 2006 in Berlin statt. Sie stand unter dem Motto Legalisierung jetzt! Umdenken statt Milliarden verschenken!“ und führte nach einer Auftaktveranstaltung auf dem Alexanderplatz zum Brandenburger Tor.

Über das Motto der Hanfparade 2006:

Mit der Hanfparade wollten wir auf die negativen Auswirkungen des Cannabisverbotes hinweisen. Besonders wichtig waren uns im Jahr 2006 die finanziellen Effekte der Hanf- Prohibition. Das Hanfverbot kostet den Staat und jeden seiner Bürger Tag für Tag zigtausend Euro. Dabei könnte die Legalisierung von Hanf als Rohstoff, Medizin und Genussmittel tausende Arbeitsplätze schaffen und Milliarden in die Kassen von Bund, Ländern und Kommunen spülen.

An der zehnten Hanfparade nahmen laut Polizeiangaben rund 1500 Menschen teil. Die Teilnehmer kamen aus dem gesamten Bundesgebiet, aber auch Besucher aus der Schweiz, den Niederlanden und anderen Ländern bereicherten die größte deutsche Demonstration für Cannabis. Die Berliner Polizei war mit rund 260 Beamten und Beamtinnen vor Ort und führte insbesondere bei der Auftaktkundgebung am Alexanderplatz massive Kontrollen auf Betäubungsmittel durch. Genaue Zahlen zu Anzeigen und Festgenommenen liegen uns nicht vor, weil die Einsatzleitung zum Ende der Hanfparade vor einem starken Regenschauer flüchtete.

Pro Legalisierung! Polizei und Justiz entlasten! Medizinische Anwendung! Kontrollierte Abgabe! Jugendschutz durch echte Aufklärung! Zusätzliche Steuergelder!

Der wichtigste Einsatz der Polizei erfolgte jedoch schon Stunden vorher, als ein Feld aus cirka 10.000 Hanfpflanzen von der Polizei abgeschnitten wurden. Dies geschah obwohl die erforderlichen Genehmigungen der Versammlungsbehörde, des Bundesinnenministeriums und der Polizei vorlagen. Bei den Pflanzen handelte es sich um Nutzhanf mit einem durchschnittlichen THC- Gehalt von weniger als 0,016 Prozent. Obwohl dies durch EU- Zertifikate des Saatguts und den Hanfbauern bestätigt wurde, ging ein Beamter des LKA davon aus, dass wir die Pflanzen auf dem Transport nach Berlin gegen potente Pflanzen ausgetauscht hätten und erklärte alle Absprachen kurzerhand für nichtig.
Keiner der Besucher hatte Verständnis für das Abschneiden der Pflanzen. Auch das Presseecho auf die Hanfparade war vom Unverständnis über die Polizeiaktion geprägt. Wer sich die entscheidenden Momente ansehen will, hat dazu auf unserer Video- Seite Gelegenheit. Auch viele Bilder des Einsatzes haben uns erreicht.

Videoplaylist der Hanfparade 2006

Playlist: Hanfparade 2006 - Umdenken statt Milliarden verschenken!

Presse & Material

Flyer zur Hanfparade 2007

Hanfparade 2007 – Gibt mir 5! Gegen Gift im Gras!

Flyer zur Hanfparade 2007

Nachdem der Verein Bündnis Hanfparade e.V. die Insolvenz beantragen musste, sah es lange so aus, als würde es 2007 gar keine Hanfparade geben. Dem „neuen“ Organisationsteam gelang es dennoch rund 2000 Demonstranten zur Teilnahme zu motivieren.

Gib mir 5! Gegen Gift im Gras!

Über das Motto der Hanfparade 2007:

Cannabis-Prohibition bedeutet Krankheit, Knast und Elend. Ein legaler Hanfmarkt könnte den Graspanschern und ihren Hintermännern das Geschäft versauen. Nur wer sein Gras selber anbaut, weiß was im Joint drin ist. Weil die Legalisierung wirksamen Jugendschutz und Qualitätskontrollen möglich macht, traf man sich am 25.08.2007 vor dem Berliner Fernsehturm um gegen Streckmittel und gesundheitsgefährdende Zusatzstoffe in Cannabisprodukten und für eine Legalisierung des heimischen Anbaus von Hanf für den eigenen Bedarf zu kämpfen.

Statt einer Abschlusskundgebung gab es im YAAM eine fette After-Hanfparade-Party unter dem Motto „Vibez to Legalize“.

Videoplaylist der Hanfparade 2007

Hanfparade 2007 in Berlin, das war sie

Presse & Material

Hanfparade Fundraising Team auf der Hanfmesse

Förderer der Hanfparade werden

Die Hanfparade ist mit durchschnittlich 10.000 Teilnehmer*innen aus ganz Deutschland eines der größten Cannabis-Events in Europa. Sie setzt ein starkes Zeichen für Vielfalt und Akzeptanz der Cannabis-Communitys. Schätzungsweise noch einmal 10x so viele Menschen verfolgen die Hanfparade online und nehmen sie in den Medien wahr.

Wenn Sie die Hanfparade als offizieller Förderer unterstützen und dabei den Bekanntheitsgrad und die Glaubwürdigeit Ihrer Marke steigern wollen, fordern Sie bitte in unsere Broschüre für Förderer an.

Wir verwenden Ihre Fördergelder ausschließlich für Maßnahmen zur Durchführung, Ausgestaltung und Bewerbung der Hanfparade. Die Beteiligten und Vereinsmitglieder des Jakis e.V. arbeiten ehrenamtlich für das Ziel, eine vernünftige Legalisierung von Cannabis in Deutschland und weltweit zu erreichen.

Vielen Dank an unsere Partner // Thank you to our partners

Die Hanfparade ist nur dank finanzieller Unterstützung durch Unternehmen und Einzelpersonen aus der Hanfszene möglich. Besonderer Dank gilt unseren Förderern, die den größten Teil der Demonstration bezahlen.

Für Ihre Fragen zur Förderung der Hanfparade und ihrer Ziele steht Ihnen das Fördererteam gerne zur Seite – eMail: foerderer@hanfparade.de oder über unser Kontaktformular.


Nehmen Sie mit uns Kontakt auf:


Hanfparade Fundraising Team auf der Hanfmesse
T-Shirt Motiv der Hanfparade 1999

Hanfparade 1999 – Mit Hanf in die Zukunft

T-Shirt Motiv der Hanfparade 1999

Trotz des zahlenmäßigen Erfolges der Hanfparade 1998 und der vielen Hilfe von der Basis kam der Verein jedoch in finanzielle Schwierigkeiten, da es nicht gelungen war, die Schulden aus dem ersten Veranstaltungsjahr mit den Einnahmen des zweiten Jahres zu bezahlen. Die Veranstaltung hatte sich zwar immerhin knapp selbst finanziert, doch die Schulden blieben. Damit sah es eine Zeitlang so aus, als ob der Verein Konkurs anmelden und die Hanfparade „sterben“ müsste. Den Veranstaltern gelang es nur durch einen ungeheuren Kraftaufwand, noch mehr Arbeit und unzählige Telefonate, Faxe und Briefe die Hanfparade 1999 zu retten.

Hanfparade1999

Wie jeder weiß, hilft in schwierigen Zeiten nur Zusammenhalt und Solidarität, und so zog die Demo in jenem Jahr mehr Besucher denn je zuvor in ihren Bann. Mit Zehntausenden Hanfbegeisterten, die aus allen Himmelsrichtungen nach Berlin strömten, wurde erneut ein deutliches Zeichen für die Legalisierung von Hanf als Rohstoff, Medizin und Genussmittel gesetzt. Denn es sollte schließlich „Mit Hanf in die Zukunft“ gehen – so die 99er Losung. Dem schlossen sich übrigens bis auf die „Junge Union“ alle Jugendorganisationen der deutschen Parteien an.

Denn Dank der kreativen und phantasievollen Mithilfe der Hanflobby gelang es trotz des geringen Budgets wieder mit einem bunten und abwechslungsreichem Programm zu überzeugen, auch wenn – aus Kostengründen – in diesem Jahr auf eine riesige Hauptbühne verzichtet werden musste, was aber letztendlich dazu führte, dass es dem Verein gelang, seine alten Schulden zu begleichen.

Mehr Material rund um die Hanfparade 1999

Videoplaylist zur Hanfparade 1999

Mit Hanf in die Zukunft - Hanfparade 1999 in Berlin - Rohschnitt
Hanfparade1998 Demonstration

Hanfparade 1998 – Der Kampf geht weiter

Der damalige Berliner Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) verbot „kommerzielle Veranstaltungen“ vor dem Brandenburger Tor, und der Polizeipräsident erklärte die Abschlusskundgebung der Hanfparade 1998 zu einer solchen, da hier auch Waren zum Verkauf angeboten wurden.

Da der Markt der Möglichkeiten als wichtiger Bestandteil der Abschlusskundgebung zu den wenigen Einnahmequellen des nicht kommerziellen Vereins gehört, war die Absicht offensichtlich: Man wollte den Veranstaltern mit dieser Aktion die Deckung ihrer Kosten und somit die darauffolgende Hanfparade unmöglich machen. Das konnte jedoch in allerletzter Sekunde durch einen höchstrichterlichen Eilbeschluss verhindert werden.

Hanfparade1998 Demonstration

Und so trafen am 29. August 1998 wieder Menschen aller Bevölkerungsschichten aufeinander. Die Teilnehmer reisten aus ganz Europa an, um ihrer Forderung – der Legalisierung von Cannabis – Ausdruck zu verleihen. Angeführt von etlichen Wagen und Treckern bewegten sich Tausende Hanfsympathisanten vom Alexanderplatz in Richtung Brandenburger Tor, um dort die Abschlusskundgebung zu erleben.

Auch dieses Jahr bestand wieder ein breites Bündnis aus Parteien und Organisationen, Selbsthilfegruppen und Legalize-it-Vereinen, Produzenten und Händlern der Hanfbranche.

Hanfparade1998 Stroebele

Die Grünen und die PDS beteiligten sich sogar mit eigenen Wagen und entsandten – wie bereits im Vorjahr – ihre besten Redner zum Thema Hanf: Hans-Christian Ströbele (Die Grünen) und Freke Over (PDS).

Wenn man bedenkt, dass zu diesen Zeitpunkt noch viele Menschen glaubten, Marijuana und Haschisch seien süchtig machende Stoffe und sie wären demzufolge in einen Topf mit Crack, Koks und Heroin zu werfen, ist es nicht verwunderlich, dass sowohl die Polizei als auch die bürgerlichen Pressestellen diese große und überaus politische Demonstration herunterspielten. Dabei sprachen selbst Polizeibeamte von 10.000 – 20.000 Anwesenden. In den Medien tauchten jedoch stets geringere Teilnehmerzahlen auf, so wurde zum Beispiel im bekannten Berliner Tagesspiegel von nur 2.000 Hanfparade-Demonstranten berichtet.

Hanfparade1998 Mutabor

Man braucht kein Wahrsager sein, um zu wissen, dass – wenn Bands wie „Zion Train“, „Fünf Sterne Deluxe„, „Mutabor“ und viele andere kostenlos auftreten – sich schon allein dafür mehr als 2.000 Leute mobilisieren lassen. Dabei war das Kulturprogramm längst nicht der einzige Grund, zur Hanfparade zu erscheinen. Schließlich ging es hier auch um eine politische Aussage, die jeder Demonstrant durch bloße Anwesenheit traf.

  • Bilder der Livecam auf der Hanfparade 1998
  • Fotos der Hanfparade 1998

Videos zur Hanfparade 1998

In den 90er Jahren gab es unglaublich viel Medienfeedback zum Thema Hanf, was wir auch in dieser Playlist zeigen:

HANFPARADE 1998 - TV teaser
Flyer zur Hanfparade 2008

Hanfparade 2008 – Jugendschutz, Verbraucherschutz, Legalisierung!

Flyer zur Hanfparade 2008

An alle FreundInnen der Pflanze Hanf, alle KifferInnen, alle CannabispatientInnen und alle HanfbäuerInnen!

Am 02.08.2008 fand in Berlin eine große Demonstration für die Legalisierung von Hanf als Rohstoff, Medizin und Genussmittel statt.
Die Hanfparade 2008 startete am Fernsehturm beginnen und Demonstrierte dann über die Straße „Unter den Linden“, den Checkpoint Charlie, das Bundesfinanzministerium und den Bundesrat zum Potsdamer Platz.

Mit der Strecke, die nicht nur durch das touristische Zentrum der deutschen Hauptstadt, sondern auch an wichtigen Orten der Tagespolitik und Zeitgeschichte vorbei führt, haben wir möglichst viele Menschen auf die negativen Auswirkungen des Cannabisverbots aufmerksam machen.

Ziel der Hanfparade, Deutschland letzter Pro- Cannabis- Demonstration, ist die vollständige Legalisierung von Hanf als Rohstoff, Medizin und Genussmittel. Dies fordern wir, weil wir zu der Überzeugung gelangt sind, dass nur ein legaler Hanfmarkt in der Lage ist, uns Konsumenten zu schützen.

Videoplaylist der Hanfparade 2008

Playlist: Hanfparade 2008 - Jugendschutz, Verbraucherschutz, Legalisierung!
Video Playlist zur Hanfparade 2008

Presse & Material

Einführung von Drug Checking jetzt!

Dieser Text ist ein Gastbeitrag der Drug Scouts aus Leipzig! Seit November 2007 ist bekannt, dass in Leipzig und Umgebung mit Blei versetztes Gras verkauft und geraucht worden ist. Weit über 500 CannabiskonsumentInnen haben inzwischen im Leipziger Gesundheitsamt ihr Blut auf Bleigehalt untersuchen lassen, mehr als ein Viertel von ihnen muss medizinisch behandelt werden. Lange Zeit herrschte auch unter medizinischen Fachleuten sehr viel Unsicherheit, da Bleivergiftungen hierzulande seit Jahren nicht mehr aufgetreten sind. Großer Bedarf an Aufklärung bestand auch unter den direkt Betroffenen sowie unter MitarbeiterInnen von Beratungsstellen, Krankenhäusern und Apotheken.

Gesundheitsschäden durch Blei im Gras

Viele User haben irreversible Schäden beispielsweise am Knochenmark, dem Nervensystem, der Gehirnzellen und/oder der Leber erlitten. Ihre Lebenserwartung ist stark verkürzt, bei manchen grenzt es an ein Wunder, dass sie ihre Bleivergiftung überlebt haben. Dass Cannabiskonsum neben positiven Effekten auf die Gesundheit vieler KonsumentInnen auch gewisse Gefahren in sich birgt, ist den meisten Usern bekannt. Doch mit derartigen – durch Streckmittel hervorgerufenen – Auswirkungen haben bisher die Wenigsten gerechnet. Dennoch: trotz aller Verbote und Verunsicherungen wird eine breite Bevölkerungsschicht aus verschiedenen Gründen weiterkiffen und sich mangels Alternativen den gesundheitlichen Gefahren des Schwarzmarktes aussetzen. Die Haltung des Bundesgesundheitsministeriums, wie eh und je den (moralischen) Zeigefinger zu erheben, ist deshalb keine Lösung. Gestrecktes Marihuana wurde in den vergangenen Jahren immer häufiger verkauft und konsumiert. Dabei hatten die Streckstoffe (z. B. Sand, Glas, Haarspray) die Funktion, die Gewinnspanne der HändlerInnen zu erhöhen, indem sie die Substanz beschwerten oder ihr Glanz verliehen, um so eine hohe Qualität vorzutäuschen. Blei bzw. Bleisulfid als Streckstoff ist ein neues Phänomen und eine alarmierende Entwicklung. Das Blei bzw. die Bleisulfidspäne sind in die Blüten regelrecht hinein gewachsen und wurden demnach bereits beim Anbau regelmäßig auf die Pflanzen aufgetragen. Die hohe Schadstoffkonzentration macht eine versehentliche Verunreinigung unwahrscheinlich. Beim Rauchen von mit Blei versetztem Gras gelangt das Metall aufgrund der hohen Temperaturen gasförmig oder flüssig in die Lunge, von dort direkt ins Blut und so in alle Regionen des Körpers. Es lagert sich in allen Geweben ab und wird in Knochen und Zähnen lebenslang gespeichert, da es vom Körper allein nicht ausgeschieden werden kann. Durch Infektionen und andere Umstände kann Blei wieder in den Blutkreislauf gelangen und so auch Monate oder Jahre nach dem Konsum zu akuten Bleivergiftungen führen. Im Prinzip genügt ein einmaliges Rauchen kontaminierter Rauchware, um erhöhte Bleiwerte oder eine Bleivergiftung zu bekommen, da die Konzentration des Bleis in im Leipziger Raum erhältlichen Cannabis extrem hoch und somit gesundheitsschädlich ist (40 bis 80 mg je Gramm Cannabis).

Symptome einer Bleivergiftung

Zu den Symptomen einer Bleivergiftung zählen u. a. krampfartige Bauchschmerzen, Kribbeln oder Taubheitsgefühle in den Händen, Blässe, Antriebsschwäche, Blutarmut (Anämie) und viele weitere unspezifische Merkmale. Auch wenn es zu keinen äußerlich erkennbaren Symptomen kommt, können Gehirn, Nerven, Knochenmark und innere Organe geschädigt sein, was sich mitunter erst nach Jahren bemerkbar machen kann. Bei einer medikamentösen Therapie wird in der Regel ein Entgiftungspräparat verschrieben. Allerdings übernehmen noch immer manche Krankenkassen die Kosten für eine medizinische Behandlung zum Teil gar nicht, nur anteilig oder erst nach langem Hin und Her.

Die Bleigrasbroschüre der Drugscouts aus Leipzig

Wir haben schnell auf die Situation in Leipzig reagiert, indem wir Infos von verschiedenen Stellen (Gesundheitsämter, Polizei, Uniklinik, Krankenkasse, Usern, …) zusammengetragen und in Form einer Bleigrasbroschüre veröffentlicht haben. Diese enthält umfassende Infos in Form von Fragen, die an uns gestellt wurden bzw. die wir selbst entwickelt haben. Das betrifft Infos zum Aussehen des bleiverseuchten Marihuanas, Verbreitung, Symptomen akuter und chronischer Vergiftungen, Referenzwerten, Datenschutz, Testmöglichkeiten des Blutes bzw. der Substanz, Therapiemöglichkeiten, Kostenfragen etc. Unsere Bleigrasbroschüre wird permanent aktualisiert und verteilt. Zusätzlich wurde die Broschüre als pdf-Dokument auf der Seite veröffentlicht sowie über unseren und andere Newsletter verschickt, so dass Interessierte und Betroffene sie weiterleiten, selbst ausdrucken und sich informieren können. Darüber hinaus sind auf unserer Webseite in einer eigens dafür eingerichteten Rubrik zahlreiche Artikel zu verunreinigtem Cannabis sowie (weitere) Pressemeldungen zu finden.

Verhalten der Konsumenten

Viele User wendeten sich an uns, weil sie unsicher waren, wie sie sich gegenüber ÄrztInnen, MitarbeiterInnen des Gesundheitsamtes, der Krankenkassen oder der Polizei verhalten sollten. Dabei haben wir ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht – z.T. waren CannabiskonsumentInnen ernsthaft überrascht bzw. geschockt, welche Auswirkungen eine große Menge an aufgenommenem Blei auf ihren Körper haben kann. Auf der anderen Seite gibt es immer noch viele User, die die gesundheitlichen Beeinträchtigungen unterschätzen bzw. ausblenden („ich kiff schon so lange, ich seh, wenn da Blei drin ist“, „ich kenn meine Dealer, die würden mir so was nicht verkaufen“, „ich rauch durch die Bong, da wird das Blei rausgefiltert“, „das ist eh nicht mehr im Umlauf“). Schockiert haben uns die verachtenden und ignoranten Reaktionen einiger ÄrztInnen, PolitikerInnen sowie MitarbeiterInnen von Ämtern und Krankenkassen: User haben uns immer wieder berichtet, dass sie mit Aussagen wie „Du bist doch selbst schuld“, „wer kifft, muss mit so was rechnen“, „Menschen wie Du haben keine Unterstützung verdient“ etc. konfrontiert wurden. Diese Reaktionen zeigen deutlich, wie Millionen von KonsumentInnen illegalisierter Substanzen in der Bundesrepublik das Recht auf Gesundheitsschutz abgesprochen wird.

Drug-Checking

Die aktuellen Ereignisse zeigen einmal mehr, wie zwingend notwendig es ist, endlich die Möglichkeit für Drug-Checking zu schaffen: Ohne Sondergenehmigung machen sich Labore und Einzelpersonen strafbar, wenn sie Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes annehmen und diese auf ihre Inhaltsstoffe hin untersuchen. Bereits seit vielen Jahren fordern wir – u.a. gestützt durch eine europaweit durchgeführte Bedarfsanalyse unter DrogenkonsumentInnen, dass in Leipzig ein solches Programm etabliert wird. Bisher wurde seitens der Stadt Leipzig stets auf die fehlenden rechtlichen Voraussetzungen verwiesen. Die Idee von Drug Checking ist es, Drogen auf deren Inhaltsstoffe und Reinheitsgrad zu überprüfen. Damit sind in illegalisierten Drogen auch hochriskante Substanzen nachweisbar, die zu Notfällen oder gar Todesfällen führen können. Entsprechende Warnmeldungen können per Web schnell verbreitet werden. Drug Checking sollte für jeden User von Ecstasy, Cannabis oder anderen Substanzen möglich sein. In anderen europäischen Ländern hat sich das statistische Instrument Drug Checking als gesundheitsfördernde Maßnahme für drogengebrauchende Menschen bereits etabliert. Beispiele für eine gute Zusammenarbeit zwischen Stadt und Szeneprojekten sind Zürich und Wien.

Untätigkeit der Regierung und die Folgen

Schon im Januar 2007 informierte der Deutsche Hanf Verband die Bundesdrogenbeauftragte Sabine Bätzing, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und die drogen- und gesundheitspolitischen SprecherInnen der Parteien im Bundestag über gestrecktes Cannabis. Wahrscheinlich hätten die Vergiftungen verhindert bzw. in ihrem Ausmaß eingeschränkt werden können, wenn das Bundesgesundheitsministerium die Warnungen des Hanfverbandes ernst genommen hätte. Stattdessen stellte das Ministerium offiziell klar, dass es sich nicht mit gefährlichen Streckmitteln in Marihuana befassen will. Das Bundeskriminalamt (BKA) prüft Cannabisproben grundsätzlich nicht auf Streckmittel. Nachdem die Bundesdrogenbeauftragte viel zu spät eine (kleine) Warnung auf ihrer bei Usern kaum bekannten Internetseite platziert hat, war der einzige Rat, der den CannabiskonsumentInnen mit auf den Weg gegeben wurde: Dann kifft halt nicht! So ist auch auf der Seite des Bundesministeriums für Gesundheit Folgendes zu lesen: „…vertritt auch die Bundesregierung die Auffassung, dass eine geeignete Strategie, die gesundheitlichen Risiken des Konsums von verunreinigtem Cannabis zu vermeiden, darin besteht, auf den Konsum von Cannabis überhaupt zu verzichten.“ Viele der CannabiskonsumentInnen in Leipzig hätten durch Drug-Checking und ein funktionierendes Frühwarnsystem vor Gesundheitsschäden bewahrt werden können. Das Paradigma „Abstinenz von illegalen Substanzen“ ist Grundlage aller drogenpolitischen Entscheidungen. Schadensminimierende Maßnahmen und die Vermittlung von Safer-Use-Botschaften werden noch immer mit der Verherrlichung von Drogenkonsum gleichgesetzt. Laut vielen VertreterInnen der Gesundheitspolitik käme eine Warnung vor verunreinigten Substanzen, einer Verharmlosung der Gefahren von Drogenkonsum gleich. Sabine Bätzing unterstützt daher auch die Antwort der Bundesregierung in der kleinen Anfrage vom Juni 2007 (Bundestagsdrucksache 16/5583) „Die Verunreinigungen von Cannabis zu einem besonderen Bestandteil präventiver Maßnahmen zu machen, wäre ein falsches Signal. Damit könnte der Eindruck erweckt werden, dass nicht-verunreinigtes Cannabis ohne Gefahr für die Gesundheit konsumiert werden könnte.“ Aus unserer Arbeit wissen wir, dass sich KonsumentInnen illegalisierter Substanzen durchaus über Risiken und Nebenwirkungen, die mit dem Konsum verbunden sein können, informieren und natürlich daran interessiert sind, diese zu minimieren. Die Möglichkeit, dass Gras mit Blei gestreckt ist, stellt jedoch für KonsumentInnen ein unvorhersehbares, nicht einzuschätzendes Risiko dar. Die eventuellen Gesundheitsschädigungen, die durch den Konsum von Cannabis bedingt sein können, stehen in keinem Verhältnis zu den schwerwiegenden gesundheitlichen Schäden, die durch eine Bleivergiftung hervorgerufen werden. Die Argumentation, dass User allein durch die Entscheidung, eine illegalisierte Substanz zu konsumieren, jegliches Recht auf Gesundheitsfürsorge verlieren, ist in höchstem Maße menschenverachtend.

Forderung: Drug-Checking

Bundesweit werden noch immer extreme Gesundheitsgefährdungen drogenkonsumierender Menschen durch politische (Nicht-)Entscheidungen billigend in Kauf genommen. Es ist höchste Zeit, dass sich die bundesdeutsche Drogenpolitik endlich an der Realität orientiert und der Gesundheit der KonsumentInnen den höchsten Stellenwert einräumt! Wir fordern deshalb die Schaffung von Rahmenbedingungen für Drug-Checking! Solange es KonsumentInnen nicht möglich ist, sich im Rahmen eines Drug-Checking-Programmes über Art und Menge der Inhaltsstoffe von Substanzen zu informieren, müssen wir auch weiterhin damit rechnen, dass Menschen durch unbeabsichtigte Überdosierung oder toxische Beimengungen gesundheitliche Schäden erleiden oder sterben.

Leipzig, den 6. April 2008 Drug Scouts – ein Projekt des Suchtzentrum Leipzig GmbH

Opiumhöhle in San Francisco (USA) um 1890

Irrationale Drogenpolitik stoppen!

Zu Beginn des Jahrhunderts sorgten die Opiumhöhlen der chinesischen Einwanderer an der Westküste in den USA für Schlagzeilen in den Medien, gegen Endes des Jahrhunderts waren es die Fixerstuben in der Schweiz, in den Niederlanden und in einigen Bundesländern Deutschlands. Die Opiumhöhlen waren Anlass für die Einführung einer restriktiven (einschränkenden) Betäubungsmittelpolitik, die Fixerstuben sind das Zeugnis des Scheiterns dieser Politik. Betroffen von der repressiven (unterdrückenden) und irrationalen (vernunftwidrigen) Drogenpolitik waren jedoch nicht nur die Opiatkonsumenten, sondern mehrheitlich die Gras- und Haschischraucher (Cannabiskonsumenten).

Irrationale Drogenpolitik versus vernünftige Interventionsstrategie

Bis Mitte der sechziger Jahre blieb Europa weitgehend von der in Amerika wütenden Drogenrepression verschont, obwohl auch die meisten europäischen Staaten in den zwanziger Jahren Betäubungsmittelgesetze in Kraft gesetzt hatten. Als jedoch „Flower-Power“ zum Leitmotiv einer weltumspannenden Jugendkultur wurde und überall immer mehr Hippies sich im Freien zu Musikfestivals trafen, dort Haschisch rauchten, sich Zauberpilze, Meskalin und LSD einverleibten und so Einblicke in andere Sphären gewannen, sahen konservative Politiker die traditionellen Werte der Gesellschaft gefährdet und riefen zum gnadenlosen Kampf gegen diese neue Jugendkultur auf. Durch breit angelegte Kampagnen in den Massenmedien wurde die Bevölkerung mit den aberwitzigsten Horrormeldungen bezüglich einer gigantischen Drogenwelle, die auf Europa überschwappte, bombardiert, ein konkretes Wissen über Drogen ist durch diese Kampagnen jedoch kaum vermittelt worden. Die Meldungen waren häufig suggestiv konzipiert und einseitig tendenziös ausgelegt, um in demagogischer Weise die Bevölkerung zu manipulieren. Selbst absolut harmlose Haschischraucher wurden häufig als kriminelle Rauschgiftsüchtige diskreditiert. Die Repression gewann zunehmend eine Hochkonjunktur, die bis heute anhält.

Opiumhöhle in San Francisco (USA) um 1890
Opiumhöhle in San Francisco (USA) um 1890

Repression ist eine Verhinderungspolitik. Sie sollte eigentlich die Verfügbarkeit und den Konsum von Drogen durch Verbot eindämmen. Rückblickend kann jedoch festgestellt werden, dass die illegalisierten Drogen trotz stetig steigender Repression nahezu flächendeckend erhältlich sind und von Millionen von Menschen konsumiert werden. Die Repressionspolitik führte jedoch zur gesellschaftlichen Ausgrenzung der Drogenabhängigen mit der Folge einer sozialen Verelendung, zur Steigerung der Kriminalität und zur Spaltung der Gesellschaft. Repression ist somit keine vernünftige Interventionsstrategie (Intervention = Einmischung oder Maßnahme zur Verhinderung von etwas; Strategie = genauer Plan des Vorgehens, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen; Interventionsstrategie = gezielte Maßnahme zu Verhinderung von etwas). Ursprünglich sollten durch die Verbotspolitik die Opiumhöhlen aus den Städten eliminiert werden, heute müssen jedoch die Städte um dem Drogenelend zu begegnen, Fixerstuben einrichten. Das Einrichten von Fixerstuben ist auf alle Fälle eine vernünftige Interventionsstrategie, da sie dem Siechtum vieler Opiatabhängiger entgegenwirken und dem Schutz der betroffenen Drogenkonsumenten dienen.

Repression kein Garant für Jugendschutz

Die Notwendigkeit, problematischen Drogenkonsum unter Jugendlichen zu verhindern, wird oft als Argument für ein generelles Cannabisverbot bemüht, obwohl bundesweit ca. 85% der Konsumenten von Cannabis laut offiziellen Erhebungen Erwachsene sind. Dabei beschützt eine betont repressive Cannabis-Politik keineswegs Minderjährige vor Drogen. Das zeigt die Studie „Jugendliche in Deutschland zur Jahrtausendwende: Gefährlich oder gefährdet?“ des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN). Im Jahre 2000 befragten die Wissenschaftler in mehreren Großstädten in Deutschland sowie im Landkreis Friesland (zwischen Bremen und der niederländischen Grenze) in einer Repräsentativumfrage Schüler der 9. Jahrgangsstufe zu Gewalt, Straftaten und Schuleschwänzen sowie zu ihrem Konsum von legalen und illegalen Drogen.

Mehr Drogenkonsum im repressiven München

Günther Beckstein (CSU), ehemaliger Bayrischer Ministerpräsident
Günther Beckstein (CSU), ehemaliger Bayrischer Ministerpräsident

Spitzenreiter beim Cannabiskonsum unter deutschen Jugendlichen waren dabei die Münchner Schüler, obwohl doch Bayern für seine repressive Cannabispolitik wohlbekannt ist. 14,8% der einheimisch-deutschen Jugendlichen der Hauptstadt des Freistaats Bayern hatten monatlich oder häufiger Cannabis konsumiert, mehr als in Hamburg (14,4%), Hannover (10,2%), in Friesland (9,1%) oder in Leipzig (8,1%). Nicht nur bei Cannabis sondern auch bei Alkohol liegt München vorne. Mit 10,4% konsumierten rund doppelt so viele Münchner Schüler wöchentlich oder gar täglich Alkohol als in den anderen Städten (Friesland: 6,0%, Leipzig: 5,2%, Hamburg: 5,1%, Hannover: 4,7%).

Obwohl der frühere Bayerische Innenminister und in der Folge Ministerpräsident von Bayern, Günther Beckstein, immer wieder vor der Verharmlosung von so genannten weichen Drogen warnt und gebetsmühlenartig betont, Cannabis sei nicht harmlos, wie manche falschen Propheten weismachen wollen und das Haschisch und Marihuana nachweislich schädliche Auswirkungen auf Körper und Psyche hätten und die bayerische Polizei deshalb immer konsequent alle Formen der Drogenkriminalität bekämpfe, schnitt München im Städtevergleich am schlechtesten ab. Becksteins repressive Drogenpolitik war im Ergebnis eher schadensfördernd statt schadensmindernd zu sein.

Mehr Drogenkonsum in der repressiven Westschweiz

Die Ergebnisse der KFN- Studie decken sich mit den Ergebnissen der Studie „Cannabis: Konsum, Einstellungen und Politik (PDF)“ der Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme SFA (heißt heute Sucht Schweiz) vom Februar 2001. Es wurde festgestellt, dass Cannabiskonsum unter Männern in der cannabis-repressiven Westschweiz (französische Schweiz) weiter verbreitet ist als in der toleranteren Deutschschweiz oder im Süden des Landes im Kanton Tessin. In der französischen Schweiz wird deutlich härter gegen Cannabiskonsumenten vorgegangen als in der Deutschschweiz. Die höhere Repression zahlt sich laut der Studie jedoch nicht aus. Im Gegenteil: In der Romandie haben 39 Prozent der 15- bis 74-jährigen Männer mindestens einmal Cannabis konsumiert, in der Deutschschweiz 32 Prozent und im Tessin 28 Prozent. Bei den Frauen sind die Anteile in allen Landesteilen etwa gleich hoch. Auch die Mehrheit der Befragten bestätigt, dass Repression und das Verbot von Cannabis nicht vom Konsum abschrecken. 70 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass der Konsum dadurch vielmehr noch verlockender werde.

Weniger Drogenkonsum in den liberalen Niederlanden

Eine Studie im Dreiländereck zu Belgien und den Niederlanden in der Euregio um Aachen stellte fest, dass mehr deutsche als niederländische Schüler Cannabis konsumierten. Die Studie in der Region um Aachen, Limburg (Niederlande) und dem deutschsprachigen Teil Ostbelgiens hat Indizien dafür geliefert, dass repressive deutsche Politik auch den Konsum durch Minderjährige nicht minimiert.

Die Untersuchung Jugendliche 2001 der Gesundheitsdienste der Euregio hat festgestellt, dass der Cannabisgebrauch unter Schülern im Alter von 14-16 Jahren auf der deutschen Seite der Grenze weiter verbreitet ist als in den Niederlanden, wo Cannabis seit Jahrzehnten in Coffeeshops an Erwachsene verkauft wird. 13 Prozent der deutschen Schüler aber nur 10 Prozent der niederländischen Altersgenossen hatten im letzten Monat Cannabis konsumiert. Mit so genannten „harten Drogen“ (u.a. Ecstasy und Amphetamin) hatten gar fast doppelt so viele Deutsche als Niederländer zu tun. Auch beim Gebrauch von Alkohol und Nikotin liegen die deutschen Schüler vor den Niederländern. Insgesamt wurden 40.000 Schüler weiterführender Schulen befragt.

Weniger Cannabiskonsum im einst liberalen Schleswig-Holstein

Uwe Döring (SPD), ehemaliger Justizminister von Schleswig- Holstein
Uwe Döring (SPD), ehemaliger Justizminister von Schleswig- Holstein

Die Verschärfung der Cannabispolitik in Schleswig-Holstein im Sommer 2006 wurde von Fachleuten bereits im Vorfeld aufs Schärfste kritisiert. So hat der Deutsche Hanf Verband (DHV) in einer Meldung im Juli 2006 die Absicht der schleswig-holsteinischen Landesregierung, den Besitz von Cannabis künftig schon ab sechs Gramm und nicht wie bisher ab 30 Gramm zu bestrafen, als „beispiellose Radikalisierung“ bezeichnet. Zuvor war bekannt geworden, dass Justizminister Uwe Döring (SPD) schon in der nächsten Woche diese neue Eigenbedarfsgrenze festlegen will. Die drogenpolitische Sprecherin der schleswig-holsteinischen Grünen, die Landtagsabgeordnete Angelika Birk, warf der Koalitionsregierung aus CDU und SPD „zunehmende Repression“ und „hilflosen Populismus“ vor.

Im einst liberalen Schleswig-Holstein haben weit weniger Erwachsene und auch weit weniger Schüler gekifft als im Rest der Bundesrepublik. Das Institut für Interdisziplinäre Sucht-und Drogenforschung (ISD) in Hamburg stellte bei einer Repräsentativ-Erhebung im Jahr 2004 fest, dass 4% der 18- bis 59jährige in Schleswig-Holstein Cannabis innerhalb des letzten Jahres (12-Monats-Prävalenz) geraucht hatten, im Rest der Republik waren es fast doppelt so viele (7%). Bei den 12- bis 25jährigen lag der Anteil in Schleswig-Holstein bei 8%, im Rest der Republik jedoch gemäß Drogen-Affinitätsstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) 13%. Offensichtlich führt eine vergleichsweise liberale Cannabispolitik nicht zu einem erhöhtem Cannabiskonsum in der Bevölkerung. Ein Zusammenhang zwischen Drogenpolitik bezüglich rechtlicher Rahmenbedingungen sowie Praxis der Strafverfolgung lässt sich nicht feststellen. Somit kann eine Verschärfung der Cannabispolitik nicht rational als Maßnahme zur Reduzierung des Konsums begründet werden – doch genau das tat der Justizminister Döring. Aufgrund der Datenlage hätte im Rahmen einer Drogenpolitik mit Vernunft die „geringe Menge“ in ganz Deutschland erhöht werden müssen, dann wären in der Folge vielleicht in Bayern der Anteil der Kiffer an der Gesamtbevölkerung auf das Niveau von Schleswig-Holstein gesunken.

Gesundheitsschädigung durch Alkohol und Haschisch

Mehr als die Hälfte der Bayern (54%) ist gemäß einer Umfrage im Jahr 2001 der Meinung, dass Gras und Haschisch für die Gesundheit schädlicher seien als Alkohol; in der Hauptstadt Berlin teilt nicht einmal ein Viertel der Befragten (23%) diese Ansicht. Die Mehrheitsmeinung der Bayern entspricht auch der Ansicht der Mehrheit der Deutschen mit Volksschulbildung (52% bis 53%), der Deutschen die REPs, DVU oder NPD wählen (57%) wie auch der Deutschen, die CDU respektive CSU wählen (53%). Im Gegensatz dazu glaubt nur eine Minderheit von 29% der Deutschen mit Abitur oder Hochschulabschluss, dass Cannabisprodukte schädlicher seien als Alkohol. Von den Deutschen, die Grün wählen, teilt sogar nur jeder Fünfte (20%) diese Ansicht, bei den Wählern der PDS (heute Die Linke) etwa jeder Dritte (34%).

Bei Wählern rechtsradikaler oder rechtskonservativer Parteien wie auch in den Bevölkerungsschichten mit niedrigem Bildungsniveau herrscht mehrheitlich die Meinung vor, dass Cannabisprodukte für die Gesundheit schädlicher seien als Alkohol, bei Wählern der Parteien aus der Mitte (SPD, FDP) wie auch in Schichten mit mittlerem Bildungsniveau wird die Schädlichkeit von Cannabisprodukten und Alkohol etwa gleich groß eingeschätzt, bei Wählern der linksgerichteten PDS und der Grünen wie in Schichten mit hohem Bildungsniveau wird hingegen Alkohol als gefährlicher eingeschätzt als Cannabisprodukte. Dies ist das Ergebnis einer Emnid- Umfrage im Auftrag der Landesarbeitsgemeinschaft Drogen Berlin (LAG-Drogen) von Bündnis 90/Die Grünen vom August 2001.

EU-Parlament verlangt Drogenpolitik mit Vernunft

Sitz des Europäischen Parlaments in Straßburg (Frankreich)
Sitz des Europäischen Parlaments in Straßburg (Frankreich)

Das Europäische Parlament verlangt grundsätzliche eine Änderung der Herangehensweise in der Drogenpolitik gemäß Leitlinien des „Catania Reports„. Das heißt, dass die nationale Drogenpolitik auf wissenschaftlichen Erkenntnissen im Hinblick auf jeden Drogentyp und nicht auf einem emotionalen Impuls basieren muss, da jedes drogenbezogene Problem einen spezifischen Ansatz erfordert, da eine Verallgemeinerung des Ansatzes die Glaubwürdigkeit aller Teilaspekte dieser Politik unterminiert. Ebenso ausschlaggebend für die Glaubwürdigkeit und Effizienz ist für das Parlament, dass auf der Grundlage von Evaluierungen und Analysen eine Revision der Politiken im Bereich der so genannten „Suchtstoffe“ in Angriff genommen wird, um sie im Hinblick auf die angestrebten Ziele effizienter und wirksamer zu gestalten.

Das Europäische Parlament fordert die Entwicklung präziser, quantifizierbarer und operationeller Ziele, um zu untersuchen, ob und in welchem Umfang die Zielsetzungen und Maßnahmen, wie sie in der vorherigen Strategie zur Drogenbekämpfung formuliert waren, zu Ergebnissen geführt haben. Des weiteren fordert das Parlament, dass die von den Drogen ausgehenden Gefahren unter anderem unter wissenschaftlichen, soziologischen und kulturellen Gesichtspunkten nicht nur durch eine genaue Untersuchung der objektiven und vergleichbaren Daten, sondern auch unter sorgfältiger Beurteilung aller anderen Folgen und Schäden für die Entwicklung der Gesellschaft analysiert werden müssen, um zu verhindern, dass bei der Analyse der zahlreichen Probleme im Zusammenhang mit Drogen eine zu starke Vereinfachung betrieben wird. Das Europäische Parlament verlangt zudem, dass diese Analysen und Beurteilungen veröffentlicht werden.

Fazit – Derzeitige Drogenpolitik unvernünftig

Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahre 1994 festgestellt, dass ein in Grundrechte eingreifendes Mittel notwendig und geeignet sein muss, den angestrebten Zweck zu erfüllen, um grundgesetzkonform zu sein. Wenn eine repressivere Drogenpolitik nicht zum gewünschten Ergebnis führt, wie diese Studien zeigen, dann heißt das, dass der Gesetzgeber dieses Mittel nicht anwenden darf, weil den damit verbundenen Eingriffen in vom Grundgesetz geschützte Rechtsgüter kein angemessener Gewinn an anderen Rechtsgütern gegenübersteht. Stattdessen muss er weniger in Grundrechte eingreifende oder wirksamere Mittel verwenden, wie z.B. Aufklärung oder staatliche Kontrolle des Handels.

Drogenpolitik wird nach wie vor oft nicht nach Kriterien der Vernunft sondern aufgrund von fundamentalistischen Überzeugungen gemacht. Drogenpolitik wird oft auch nicht nach demokratischen Regeln gestaltet, sondern auf Basis bestimmter machtpolitischer Strukturen (z.B. europäische Strategie zur Drogenbekämpfung 2005-2012). Drogenpolitik unterliegt einem internationalen Reglement, das von fundamentalistischen Lobbyisten puritanischer Prägung (vornehmlich aus den USA) bestimmt und kontrolliert wird. Dabei handelt es sich um die gleichen Lobbyisten, die auf Basis von Täuschungen und Lügen Angriffskriege anzetteln (z.B. Irak) und hunderttausende von Menschenleben auf dem Gewissen haben. Gegen diese fundamentalistische Politik demonstrieren wir auf der Hanfparade. Wer zu dieser menschenverachtenden Politik schweigt, macht sich mitschuldig.

Quellen

  • Raschke P., Buth S., Kalke J.: Ergebnisse zum Konsum psychoaktiver Substanzen in Schleswig-Holstein (PDF) Jahresbericht 2004. Moderne Dokumentation in der ambulanten Suchtkrankenhilfe (Band 6), Kiel; Vergl. hierzu: Jens Kalke (Institut für Interdisziplinäre Sucht-und Drogenforschung ISD, Hamburg): Cannabiskonsum bei Jugendlichen – Kritische Anmerkungen zu neueren epidemiologischen Untersuchungen
  • Hans Cousto: Von der Opiumhöhle zur Fixerstube – 100 Jahre Drogenprohibition. (PDF)Eine Analyse zur Entwicklung der Drogenprohibition in Deutschland und in der Schweiz. Eine Vergleichsanalyse, Berlin, 15. Februar 2001
  • Nicola Wilmers, Dirk Enzmann, Dagmar Schaefer, Karin Herbers, Werner Greve, Peter Wetzels:Jugendliche in Deutschland zur Jahrtausendwende: Gefährlich oder gefährdet? Ergebnisse wiederholter, repräsentativer Dunkelfelduntersuchungen zu Gewalt und Kriminalität im Leben junger Menschen 1998-2000, (Interdisziplinäre Beiträge zur Kriminologischen Forschung, Bd. 23), Nomos Verlag, ISBN 978-3-7890-8253-5
  • Cannabis auf der Schwelle zum legalen Rauschmittel – Was die Schweizer und Schweizerinnen vom Cannabiskonsum halten. (PDF) Ergebnisse der neuen Repräsentativstudie der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) zum Phänomen „Cannabis“: Konsum, Einstellungen und Politik, Vollbericht, Lausanne, 15. Februar 2001

Berlin, 17. Februar 2008
Hans Cousto

Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland

Vom Sinn des Demonstrierens

Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland

Das Recht mit anderen Menschen zusammen für etwas in der Öffentlichkeit zu demonstrieren ist in Deutschland ein unveräußerliches Grundrecht, das in Artikel 8 (Versammlungsfreiheit) des Grundgesetzes festgeschrieben ist. Das besagte Grundrecht gewährleistet insbesondere Minderheitenschutz und verschafft auch denen die Möglichkeit zur Äußerung in einer größeren Öffentlichkeit, denen der Zugang zu den Medien versperrt ist. Die darauf bezogene Versammlungsfreiheit genießt einen gegenüber der allgemeinen Handlungsfreiheit einen gesteigerten Schutz.

Historischer Ursprung des Demonstrationsrechts

Das Demonstrationsrecht respektive das Recht der Versammlungsfreiheit stammt aus der Zeit der Französischen Revolution. Frankreichs Verfassung des 3. September 1791, von der verfassungsgebenden Nationalversammlung etwa zwei Jahre nach der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte verabschiedet, garantiert ausdrücklich die Versammlungsfreiheit. In der Verfassung heißt es unter Titel I. „Grundeinrichtungen, von der Verfassung verbürgt„, dass „die Freiheit der Bürger, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln in Übereinstimmung mit den Polizeigesetzen“ gewährleistet ist. Des weiteren wurde in diesem Zusammenhang festgeschrieben, dass die gesetzgebende Gewalt keine Gesetze erlassen kann, welche die Ausübung der natürlichen und bürgerlichen Rechte, die durch die Verfassung verbürgt sind, beeinträchtigen oder hindern.

Die Paulskirchenverfassung

Frankfurter Nationalversammlung 1848 - Gemälde von Ludwig von Elliott
Frankfurter Nationalversammlung 1848 – Gemälde von Ludwig von Elliott

In Deutschland wurde die Versammlungsfreiheit in der so genannten Paulskirchenverfassung von 1849 garantiert. Die Paulskirchenverfassung war die erste demokratisch beschlossene Verfassung für ganz Deutschland. Sie wurde als Verfassung des Deutschen Reiches am 27. März 1849 von der verfassungsgebenden Nationalversammlung beschlossen, die nach der Märzrevolution von 1848 in der Paulskirche in Frankfurt am Main zusammengetreten war. Am 28. März 1849 wurde sie durch die Aufnahme ins Reichsgesetzblatt amtlich verkündet und trat damit juristisch in Kraft.

Im Reichsgesetzblatt, 16. Stück (Nr. 16), ausgegeben zu Frankfurt am Main am 28. April 1849, ist die Verfassung des Deutschen Reiches wiedergegeben. Im Abschnitt VI „Die Grundrechte des Deutschen Volkes„, Artikel VIII, § 161 heißt es „Die Deutschen haben das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln; einer besonderen Erlaubnis dazu bedarf es nicht. Volksversammlungen unter freiem Himmel können bei dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verboten werden.“ (RGBl. 1849 S. 101; 130)

Die Versammlungsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland

In der Bundesrepublik Deutschland ist die Versammlungsfreiheit in Artikel 8 des Grundgesetzes als Grundrecht garantiert.

Artikel 8 Grundgesetz (Versammlungsfreiheit)

  1. Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
  2. Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Demonstrieren – Bürgerrecht oder Menschenrecht?

Das Grundgesetz garantiert „allen Deutschen“ in der Bunderepublik das Recht auf Versammlungsfreiheit. Es handelt sich hier somit um ein Bürgerrecht. Im Land Berlin haben demgegenüber „alle Männer und Frauen“ das Recht, sich zu versammeln. In Berlin ist somit die Versammlungsfreiheit nicht nur ein Bürgerrecht, sondern ein Menschenrecht. So heißt es in der Verfassung von Berlin, Abschnitt II „Grundrechte, Staatsziele“ im Artikel 26: „Alle Männer und Frauen haben das Recht, sich zu gesetzlich zulässigen Zwecken friedlich und unbewaffnet zu versammeln. Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Die Demonstration – Instrument der Meinungsbildung

Demonstrationszug auf der Hanfparade 1999
Demonstrationszug auf der Hanfparade 1999

Eine Versammlung unter freiem Himmel auf öffentlichem Grund, im Volksmund Demonstration genannt, dient der öffentlichen Meinungsbildung und gehört ebenso wie die Meinungsfreiheit zu den unentbehrlichen und grundlegenden Funktionselementen der demokratischen Gesellschaftsordnung und genießt als Mittel zur gemeinsamen Sichtbarmachung von Überzeugungen und gesellschaftpolitischen Forderungen einen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz, dem gegenüber Rechte anderer (z.B. von Anwohnern, Verkehrsteilnehmern und Gewerbetreibenden) zurücktreten müssen, da die Versammlungsfreiheit elementar die geistige Auseinandersetzung sowie den Kampf der Meinungen als Lebenselement der Menschen im freiheitlich demokratischen Rechtsstaat belebt. Die Privilegierung des Demonstrationsrechtes gegenüber anderen Freiheitsrechten basiert auf der besonderen Schutzbedürftigkeit der freien Meinungskundgabe. Darum kann eine Demonstration nur dann als solche anerkannt werden, wenn eine solche kollektive Meinungsbildung oder Meinungskundgabe objektiv vorliegt.

Wegen des hohen Ranges des Demonstrationsrechtes müssen Anwohner oder auch Verkehrsteilnehmer nicht selten Einschränkungen in ihrer freien Mobilität erdulden. Dies ist jedoch nur dann hinnehmbar, wenn das Demonstrationsrecht eng gefasst wird. Darum hat der Gesetzgeber zulässige Beschränkungen der Versammlungsfreiheit und somit auch des Demonstrationsrechtes im Versammlungsgesetz festgeschrieben. Diese Beschränkungen betreffen Volksfeste und andere Volksbelustigungen wie auch kommerzielle Veranstaltungen, denn hier bestimmt in erster Linie der Wunsch nach gemeinsamer Unterhaltung das Zusammentreffen der Teilnehmer und nicht die gemeinsame Kundgabe einer Meinung oder politischer Forderung. In den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit fallen Versammlungen zwar auch dann, wenn sie ihre kommunikativen Zwecke unter Einsatz von Musik und Tanz verwirklichen. Dies ist zu bejahen, wenn diese Mittel zur kommunikativen Entfaltung mit dem Ziel eingesetzt werden, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken.

Zusammengefasst heißt das, dass wenn eine geplante Zusammenkunft von Personen Elemente enthält, die sowohl auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind (Lieder mit politischen Botschaften, Plakate, Flyer, Reden), als auch solche, die anderen Zwecken dienen (Tanzmusik, Tanz, Spaß), ist sie als Versammlung im Sinne des Grundgesetzes und des Versammlungsgesetzes zu behandeln, wenn die anderen Zwecke nicht aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters erkennbar im Vordergrund stehen.

Beim Demonstrieren muss man nicht ernst sein, auch Spaß ist erlaubt!

Die Demonstration Hanfparade

Die Hanfparade ist nicht nur eine Demonstration, bei der die Missbilligung von Bestimmungen im BtMG seitens der Teilnehmer zum Ausdruck gebracht wird, sondern auch eine Kritik an der oft oberflächlichen und einseitigen Berichterstattung über Drogen im allgemeinen und Cannabis im speziellen in den Massenmedien. Vertreter dieser Medien werden die Hanfparade beobachten und darüber berichten. Für diese Medienvertreter ist immer die Zahl der Teilnehmer eine wichtige Größe für die Art der Aufmachung ihrer Berichterstattung. Je mehr Leute zur Hanfparade erscheinen, umso schwieriger wird es für diese Medienvertreter, die Hanfparade als Ganzes sowie die zum Ausdruck gebrachten Meinungskundgebungen tot zu schweigen. Deshalb ist es wichtig, dass viele Leute zur Hanfparade kommen und dass Botschaften zur allgemeinen Meinungsbildung klar und gut verständlich vermittelt werden. Genau darin liegt der Wesenskern der Versammlungsfreiheit.

Quellen

Berlin, 1. Februar 2008

Hans Cousto

Justizia - römische Göttin der Gerechtigkeit und des Rechtswesens

Recht und Ethik

Justizia - römische Göttin der Gerechtigkeit und des Rechtswesens
Justizia – römische Göttin der Gerechtigkeit und des Rechtswesens

Das Recht ist die verbindliche Ordnung des allgemein akzeptierten Verhaltens innerhalb einer Gruppe (Staates), das ein Angehöriger dieser Gruppe gegenüber anderen Mitgliedern äußert. Das Recht ordnet menschliche Beziehungen. Der Genuss von psychotropen Substanzen wie Cannabis betrifft nur den Konsumenten selbst, er untersteht somit nur individualethischen Regeln und entzieht sich folglich als Verhalten des Einzelnen dem Recht als Regelung menschlicher Beziehungen. Jedem Menschen einen großen Spielraum einzuräumen, wie er sein Leben in eigener Verantwortung führen will, ist Kennzeichen einer liberalen Rechtsordnung.

Mit der Begrenzung des Rechts auf eine Regelung der Beziehungen zu anderen Menschen hängt ein Grundsatz des heutigen Strafrechts zusammen: Nur ein Verhalten, das die Rechtsgüter anderer Menschen oder einer ganzen Gruppe unmittelbar beeinträchtigen könnte, kann strafwürdig sein. Es genügt dazu nicht, dass die Mehrheit einer Gruppe, selbst eine kompakte Mehrheit, ein Verhalten moralisch verurteilt. Damit wird dem Strafrecht ethische Bedeutung nicht abgesprochen. Die Menschen zu bewahren vor äußerlich zugefügtem Schaden an Leib und Leben sowie Freiheit, Ehre und Eigentum, ist ebenfalls eine Aufgabe der Ethik, jedoch nicht der Individual- sondern der Sozialethik. Abgelehnt wird einzig die Auffassung, die Gebote der Individualethik oder gar der Religion strafrechtlich zu sichern. Ein Blick auf das Wirken der Inquisition oder das Wüten des Strafrechts in totalitären Staaten zeigen, welche Irrwege eröffnet werden, wenn das Strafrecht das Einhalten religiöser, moralischer oder politischer Überzeugungen gewährleisten soll.

Grundprinzipien der Menschenrechte und Bürgerrechte

Der Genuss psychotroper Substanzen wie Cannabis und alle Vorbereitungshandlungen dazu wie der Anbau, Erwerb und Besitz beeinträchtigen die Rechtsgüter anderer Menschen nicht und können aus ethischer Sicht somit auch nicht strafbewehrt sein, denn jeder muss in seiner Art genießen können und niemand darf, solange der Genuss nicht auf Kosten oder zu Lasten anderer erfolgt, ihn in seinem eigentümlichen Genuss stören. Dies ist ein Grundprinzip der Menschen- und Bürgerrechte. Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) verstößt in gravierender Weise gegen dieses Grundprinzip der Menschen- und Bürgerrechte, das jedem jedem die Freiheit zugesteht, alles tun zu dürfen, was einem anderen nicht schadet: Die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen hat also nur die Grenzen, die den anderen Mitgliedern der Gesellschaft den Genuss eben dieser Rechte sichern. Deshalb darf die gesetzgebende Gewalt keine Gesetze erlassen, welche die Ausübung der natürlichen und bürgerlichen Rechte beeinträchtigen oder hindern.

Recht und Gerechtigkeit

Charles de Secondat, Baron de Montesquieu
Charles de Secondat, Baron de Montesquieu

Gesetze, also von der Exekutive (Regierung) ausgearbeitete und der Legislative (Parlament) abgesegnete Gesetze, werden als gesetztes Recht oder auch als positives Recht bezeichnet. Der rechtspositivistische Rechtsbegriff wird allein durch die ordnungsgemäße Setzung und die soziale Wirksamkeit bestimmt. Gesetze dienen somit der Rechtssicherheit im sozialen Kontext und müssen deshalb zweckmäßig sein für das Gemeinwohl. Zudem muss das Recht der Gerechtigkeit dienen. Steht ein Gesetz in unerträglichem Maße im Widerspruch zur Gerechtigkeit oder wird bei der Setzung des Rechts (Einführung des Gesetzes) Gerechtigkeit nicht erstrebt oder gar bewusst verleugnet, dann wird ein solches Gesetz als „unrichtiges Recht“ bezeichnet.

Ein Staat kann so aufgebaut werden, dass niemand gezwungen ist, etwas zu tun, wozu er nach dem Gesetz nicht verpflichtet ist, und niemand gezwungen ist, etwas zu unterlassen, was das Gesetz gestattet.

Charles de Secondat, Baron de Montesquieu

BtMG = unerträgliches Unrecht

Das BtMG stellt die Vorbereitungshandlungen (Erwerb, Besitz) für den Genuss bestimmter psychotroper Substanzen unter Strafe, jedoch sieht das BtMG für die Vorbereitungshandlungen für den Genuss anderer psychotroper Substanzen keine Strafe vor. Strafwürdig ist nur der Umgang mit in den Anlagen I bis III zu § 1 BtMG aufgeführten Substanzen (Stoffe). Cannabisprodukte sind in den Anlagen aufgeführt und somit ist der Umgang damit strafwürdig. Da jedoch aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse der Umgang mit Cannabisprodukten weniger schädlich ist als beispielsweise der Umgang mit Alkohol, muss die im gesetzten Recht festgelegte Liste der „verbotenen Stoffe“ als willkürlich und somit als nicht gerecht (unerträglich ungerecht) respektive „unrichtiges Recht“ bezeichnet werden. Zudem beeinträchtigen Erwerb, Besitz und Genuss von Cannabisprodukten nicht den Genuss und/oder die Lebensqualität anderer Menschen. Somit verstößt das BtMG gegen die Grundprinzipien der Menschen- und Bürgerrechte. Auch in dieser Hinsicht muss das BtMG als „unrichtiges Recht“ bezeichnet werden.

Der Begriff „unrichtiges Recht“ wurde von dem Rechtsphilosophen Gustav Radbruch (bekannt durch die Radbruchsche Formel) im Jahr 1946 in dem Aufsatz „Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht“ eingeführt. Da die höchstrichterliche Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland sich mehrfach auf diesen Aufsatz bezog, zählt dieser Aufsatz zu den einflussreichsten rechtsphilosophischen Schriften des 20. Jahrhunderts. Darin heißt es:

Gustav Radbruch
Gustav Radbruch

Aber Rechtssicherheit ist nicht der einzige und nicht der entscheidende Wert, den das Recht zu verwirklichen hat. Neben die Rechtssicherheit treten vielmehr zwei andere Werte: Zweckmäßigkeit und Gerechtigkeit. In der Rangordnung dieser Werte haben wir die Zweckmäßigkeit des Rechts für das Gemeinwohl an die letzte Stelle zu setzen. Keineswegs ist Recht alles das, „was dem Volke nützt“, sondern dem Volke nützt letzten Endes nur, was Recht ist, was Rechtssicherheit schafft und Gerechtigkeit erstrebt. Die Rechtssicherheit, die jedem positiven Gesetz schon wegen seiner Positivität eignet, nimmt eine merkwürdige Mittelstellung zwischen Zweckmäßigkeit und Gerechtigkeit ein: sie ist einerseits vom Gemeinwohl gefordert, andererseits aber auch von der Gerechtigkeit.

Dass das Recht sicher sei, dass es nicht heute und hier so, morgen und dort anders ausgelegt und angewandt werde, ist zugleich eine Forderung der Gerechtigkeit. Wo ein Widerstreit zwischen Rechtssicherheit und Gerechtigkeit, zwischen einem inhaltlich anfechtbaren, aber positiven Gesetz und zwischen einem gerechten, aber nicht in Gesetzesform gegossenen Recht entsteht, liegt in Wahrheit ein Konflikt der Gerechtigkeit mit sich selbst, ein Konflikt zwischen scheinbarer und wirklicher Gerechtigkeit vor. Diesen Konflikt bringt großartig das Evangelium zum Ausdruck, indem es einerseits befiehlt: „Seid untertan der Obrigkeit, die Gewalt über euch hat“, und doch andererseits gebietet, „Gott mehr zu gehorchen als den Menschen„.

Der Konflikt zwischen der Gerechtigkeit und der Rechtssicherheit dürfte dahin zu lösen sein, dass das positive, durch Satzung und Macht gesicherte Recht auch dann den Vorrang hat, wenn es inhaltlich ungerecht und unzweckmäßig ist, es sei denn, dass der Widerspruch des positiven Gesetzes zur Gerechtigkeit ein so unerträgliches Maß erreicht, dass das Gesetz als „unrichtiges Recht“ der Gerechtigkeit zu weichen hat. Es ist unmöglich, eine schärfere Linie zu ziehen zwischen den Fällen des gesetzlichen Unrechts und den trotz unrichtigen Inhalts dennoch geltenden Gesetzen; eine andere Grenzziehung aber kann mit aller Schärfe vorgenommen werden: wo Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt wird, wo die Gleichheit, die den Kern der Gerechtigkeit ausmacht, bei der Setzung positiven Rechts bewusst verleugnet wurde, da ist das Gesetz nicht etwa nur „unrichtiges Recht“, vielmehr entbehrt es überhaupt der Rechtsnatur. Denn man kann Recht, auch positives Recht, gar nicht anders definieren denn als eine Ordnung und Satzung, die ihrem Sinn nach bestimmt ist, der Gerechtigkeit zu dienen.

Gustav Radbruch in „Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht

Rechtsbewusstsein

Rechtsbewusstsein ist zumeist schon im Kindesalter in sehr differenzierter Form ausgeprägt. Viele Menschen erinnern sich sehr genau, wann sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben ungerecht behandelt fühlten. Und das Zurückdenken an die ersten Erlebnisse, die mit Recht und Unrecht zu tun hatten, wecken oft sehr plastische Erinnerungen hervor. Da wurde man beispielsweise selbst oder jemand anderes in der Schulklasse für etwas bestraft, das die bestrafte Person nicht getan hatte. Da empfinden viele Menschen noch nach Jahren oder Jahrzehnten ein tiefes Gefühl von Ungerechtigkeit, es sei denn, jemand wurde für etwas bestraft, für das man selbst eigentlich hätte bestraft werden müssen. In diesem Fall hat man vielleicht triumphiert, doch selbst dann wusste man ganz genau, dass die Bestrafung eines andern für eine nicht begangene Untat nicht gerecht war.

Erkennen Kinder Lügen?

Auch schon sehr früh lernen Kinder zwischen wahr und unwahr zu unterscheiden. Ein typisches Beispiel soll uns dies vor Augen führen. Mutter, Vater und Kinder sind zu Hause beim gemeinschaftlichen Abendessen an einem Tisch versammelt. Das Telefon klingelt. Die Mutter nimmt den Hörer ab und aus ihren Worten geht hervor, wer die anrufende Person ist und dass diese den Vater zu sprechen wünsche. Der Vater aber macht der Mutter durch Gestik und in zischenden Lauten klar, dass er diese Person nicht sprechen wolle. Die Mutter erklärt nun auf Geheiß des Vaters der anrufenden Person, dass dieser nicht da sei. Egal, wie die Eltern diese Notlüge rechtfertigen mögen, die Kinder wissen ganz genau, dass die Behauptung, der Vater sei nicht da, unwahr ist. Wer die Unwahrheit sagt, ist ein Lügner und gilt als unglaubwürdig, wer die Wahrheit sagt ist redlich und gilt als vertrauenswürdig. Lügen gilt als Unrecht, auch wenn es kein Gesetz gibt, das Lügen unter Strafe stellt, nur der Meineid, das heißt die mit einem Eid bekräftigte Falschaussage vor Gericht, ist strafbar.

Das subjektive Rechtsempfinden des Einzelnen wird im heutigen Rechtsstaat vor allem geprägt durch die von Tradition und Norm garantierten Rechtsgüter: Unversehrtheit von Leib und Leben, freie Meinungsäußerung und Persönlichkeitsentfaltung, freie Verfügbarkeit über persönliches Eigentum und anderes mehr. So weiß jedes Kind genau, welche Spielsachen ihm gehören und welche nicht. Über die eigenen Spielsachen will das Kind stets selbst verfügen können, und wehe, ein anderes Kind nimmt die Spielsachen weg und verunmöglicht die Verfügbarkeit. Ein Unrecht ist geschehen. Anderseits gibt es kaum Kinder, die nicht wissen, dass, wenn sie jemanden etwas klauen, dies ein Unrecht ist. Sie passen auf, beim Diebstahl nicht erwischt zu werden und manchmal plagt sie sogar das schlechte Gewissen. „Mein“ und „Dein“ ist eine Rechtsnorm, die Kinder bereits gut verstehen.

Hanfparade 2000 - Verlogener Politiker oder Anständiger Joint?
Hanfparade 2000 – Verlogener Politiker oder Anständiger Joint?

Gesetze ohne Akzeptanz

Was Recht und was Unrecht ist, muss, damit eine Rechtsnorm allgemein akzeptiert wird, verständlich und überzeugend sein. Nur eine allgemein akzeptierte Rechtsnorm kann auf Dauer den sozialen Frieden in der Gesellschaft sichern. Eine Rechtsnorm, die bestimmte Gruppierungen der Gesellschaft diskriminiert und andere bevorzugt, bringt Zwietracht ins Land und ist der Keim von sozialen Unruhen und Gewaltexzessen.

Solange, wie zuvor bereits erwähnt, der heutige Rechtsstaat im Bewusstsein der Menschen als Garant von in der Verfassung genau umrissenen Rechtsgütern wie eben zum Beispiel die freie Meinungsäußerung und Persönlichkeitsentfaltung verankert ist, wird der soziale Friede im Land von einer großen Mehrheit der Bevölkerung gestützt. Assoziiert jedoch eine Mehrheit mit modernem Rechtsstaat Begriffe wie Kronzeugenregelung, V-Leute, großer Lauschangriff, Observation, Telefonüberwachung, Rasterfahndung, Datenspeicherung etc., dann fühlen die Menschen sich gedemütigt und sehen sich nicht mehr als Teil des Staates, sondern denselben als Bedrohung und Feind.

BtMG beschneidet Lebensgestaltung

Das BtMG ist eine Rechtsnorm, die von vielen in ihrer heutigen Form nicht akzeptiert wird, da das BtMG eine einseitige und willkürliche Beschneidung individueller Lebensgestaltung mit sich bringt. Etwa ein Viertel aller 12-59jährigen in Deutschland lebenden Menschen haben bereits Erfahrungen mit illegalisierten Drogen. Das heißt, dass in dieser Altersgruppe etwa 12,5 Millionen Menschen so genannte „nicht verkehrsfähige Stoffe“ und/oder „nicht verschreibungsfähige Stoffe“ konsumierten. Hier handelt es sich somit nicht um eine so genannte „kriminelle Minderheit„, sondern um einen relevanten Anteil der Gesamtbevölkerung. Vor diesem Hintergrund ist es wahrlich schwierig, jungen Drogenkonsumenten die Notwendigkeit eines eigenen Rechtsbewusstseins zu vermitteln. Eine Richtungsänderung in der Betäubungsmittelpolitik ist somit nicht nur von Nöten, um der Verelendung von Drogenabhängigen vorzubeugen und die Zahl der Opfer zu mindern, nicht nur um der Beschaffungskriminalität den Nährboden zu entziehen, nicht nur um den Drogenschwarzmarkt auszutrocknen und somit die Einnahmequellen der organisierten Kriminalität abzugraben, nicht nur um Misstrauen in der Gesellschaft und Verrat und Erpressung in Familien vorzubeugen, sondern vor allem auch, um ein vernünftiges und glaubwürdiges Rechtsbewusstsein in der Gesellschaft wieder herzustellen.

Quellen

von Hans Cousto