Ich wende mich an Dich, weil ich die unglaublichen Ereignisse der letzten Zeit mal loswerden muss und die öffentliche und unzensierte Art dieser Webseite sehr schätze. Vorab muss ich erklären, dass ich selbst in der schönen Stadt Leipzig wohne und auch selbst gern mal was kiffe. Gern auch mal etwas mehr.
2006: Gestrecktes Gras wird zum Problem
Meine kleine Geschichte beginnt eigentlich schon 2006. In diesem Jahr fiel es mir persönlich das erste Mal auf. Nach dem Gang zum Dealer hatte man halt nicht mehr gewohnt gutes Weed, sondern etwas, das daran erinnern sollte. Anfangs fiel das nicht weiter auf, die Stücke auf der Waage wurden halt nur kleiner und kleiner, die Bongs und Tüten kratziger im Hals und man tendierte dahin, schneller mal eine Atemwegskrankheit zu entwickeln, als das sonst der Fall war. Also als Konsument illegaler Drogen nichts besonderes, ist ja normal. Man unterliegt Schwankungen, die man nicht beeinflussen kann. Dies alles machte noch nicht richtig stutzig, immerhin knallte das Weed noch und es ist halt illegal. Was soll man machen? Doch mit den ersten misstrauischen Blicken fiel dann doch die ein oder andere Sache ins Gewicht: Begonnen hat es mit der Feststellung, dass zur Gewichtskumulation anscheinend Sand, Vogelsand und fein zerriebenes Glas bzw. Glassplitter ins Gras gemischt wurden. Dies wurde durch die Szene und durch die mit dieser Szene sympathisierenden Medien auch so aufgegriffen und zur Warnung vor Gesundheitsschäden auch weiterverbreitet. Zu dem Zeitpunkt gab es kein Gesundheitsamt oder irgendeine öffentliche Einrichtung, die sich dem Thema und möglichen Gesundheitsschäden an uns Kiffern wendete. Wie immer war es dem Staat egal, sollen sie halt nicht kiffen. Verständnis können wir dafür nicht aufbringen, warum soll so etwas Gefährliches wie Alkohol überall verkauft werden dürfen, aber Cannabis nicht? Selbst wenn man Cannabis ähnliche Nebenwirkungen wie Alkohol unterstellen würde, bleibt diese Verteufelung unlogisch. Wie dem auch sei…
Sauberes Cannabis in Leipzig? Pustekuchen
Die ersten Grasweitergeber, die wissentlich solches Weed in Umlauf brachten, machten die Bekanntschaft mit unangenehmen Situationen wie Zeitgenossen. Dies änderte aber überhaupt nichts an der Situation in Leipzig. Im Gegenteil, die Leute kauften weiter wie die Verrückten gestrecktes Weed. Was wohl auch daran liegt, das man an wirklich gutes Gras in Leipzig nur selten rankommt und die Standards dementsprechend schon seit Jahren auf einem Niedrigstand umherdümpeln. Die einzigen Möglichkeiten für die meisten täglichen Kiffer bestanden darin, auf Mittel wie Aktiv-Kohle-Filter oder ähnliches zurückzugreifen. Auch wurde Gras geschüttelt, gepellt usw. damit das, was da nicht reingehört, rausgesucht wird. Diese Mentalität konnte ich schon am Anfang der ganzen Misere nicht verstehen. Wie kann man etwas rauchen, was einem definitiv schadet. Hier kann man mir erzählen, was man will, das Rauchen von Quarzsand oder Zucker können nicht förderlich, geschweige denn unschädlich für die Gesundheit sein.
Liste der Streckmittel ist lang
Im Angesicht dieser Entwicklung wurden viele Konsumenten misstrauisch und schauten sich ihr Gras genauer an. Was dabei auffiel, überraschte, schockierte, machte wütend und hatte eine ohnmächtig machende Erkenntnis zur Folge: Das Gras, was wir in Leipzig kaufen können, ist zu einem großen Teil (ja, eventuell sogar Großteil) gestreckt und das sogar mit Zeug, das nicht ungefährlich ist. Anfang 2007 dann allgemeine verunsichernde Bestätigung dieses Zustandes. Die Leute haben angefangen, ihr Gras genauer zu untersuchen und stellten dabei allerlei fest, was da definitiv nicht reingehört. So zum Beispiel Zucker (wird als Zuckerwasser auf den Bud getragen), Brix (die chemische Variante des Zuckerwasser, Maismehl (hartes Gras das auf guten Skuff [reinstes Harz] schließen lässt, was letztlich nur Maismehl ist), Glassplitter/-staub (klebriges Gras wird damit präpariert, um die Erscheinung glitzernder zu machen, Damiana (ein Kraut aus dem Knaster [harmlos, aber macht nicht high, sondern entspannt nur]) und vieles Unvorstellbare mehr.
2007: Jetzt macht Kiffen richtig krank
Aufgrund diverser Lungenerkrankungen und dem allgemeinen Gesundheitsbild vieler regelmäßiger Konsumenten (die auch vor dieser Entwicklung regelmäßig konsumierten), die nun verdrecktes Weed zu sich nahmen, konnte man auch als Laie ein Zusammenhang mit dem vergifteten Gras erkennen. Den regelmäßigen Kiffern in Leipzig geht es schlecht, und auch die, die ab und zu mal rauchen, haben nicht zwingend ein schöneres Los. Halsschmerzen, Husten, grippale Infekte und sonstige Erkrankungen geben sich in den Körpern der Kiffer die Klinke in die Hand. Guten Tag, liebes runtergewirtschaftetes Immunsystem, ich denke der Zusammenhang is klar! Da in der Szene nicht auf Hilfe vom Staat gewartet wird, da sie eh nicht kommt, proklamierten viele regelmäßigen Kiffer, dass sie daran nix ändern könnten und: was sollen sie denn tun? Sie wollen nicht aufhören zu Kiffen und so wird versucht, das Risiko gering zu halten. Tatsächlich scherte sich niemand um diese Menschen und es erscheint weiterhin, als sei deren Schicksal egal.
Bleigras schockt nicht nur Konsumenten
Doch der Hammer kam Mitte des Jahres 2007 und verunsicherte breite Teile der Bevölkerung und nicht nur die regelmäßigen Konsumenten. Ich weiß nicht mehr genau, wie eins zum anderen kam, aber auf einmal war es überall – Blei im Gras. Ich habe, glaube ich, von Webseite der Drug Scouts davon erfahren. Von Menschen, die aufgrund einer Bleivergiftung ins Krankenhaus gekommen sind, und, dass diese Vergiftung durch Marihuana kommen soll. Schock… Alle meine Freunde und ich, betroffen! Drug Scouts, Hanfverband, Zeitung, Gesundheitsamt und viele mehr warnten und machten auf die Lebensgefahr aufmerksam… Das musste sich erstmal setzten. Meine Freunde und die Szene reagierte sehr unterschiedlich: Von Verharmlosung bis Panikmache alles dabei. Zum Glück haben die Drug Scouts schnell reagiert und ein Blei-FAQ mit den wichtigsten Fragen herausgegeben. Das hat zumindest geholfen, dass durch Unwissenheit nicht noch schlimmeres passiert.
Krank und der Staat schaut weg
Trotzdem war und ist die ganze Sache ganz schön beängstigend: Ich habe mit 150 µg Blei pro Liter Blut noch Glück gehabt. Dies sind zwar deutlich erhöhte Werte, aber ist noch grade so der Grenzwert, dass der Körper wahrscheinlich selbst damit klarkommt. Einen guten Freund hat es viel schlimmer erwischt als mich, mit 700 µg hat er so hohe Werte, dass er jetzt mit der Krankenkasse kämpfen muss, damit er überhaupt eine medikamentöse Behandlung bekommt. Ich verstehe das alles nicht (wird das bei Alkohol genauso gemacht?)! Er wird definitiv bleibende Schäden, wahrscheinlich sogar am Hirn, behalten. Ich mache mir große Sorgen um ihn und andere. Das Krasse ist: Niemand hilft ihnen wirklich. Die Mentalität beim Gesundheitsamt und beim Arzt sind nach Beschreibungen meiner Bekannten sehr ähnlich: „Selbst schuld, was kiffen sie auch. Hätten sie nicht gekifft, wäre ihnen das nicht passiert.“ Ich finde, das ist das Letzte und verweise darauf, dass ich viele Menschen kenne und kein einziger davon hat Kiffen noch niemals ausprobiert. Alle diese Menschen sind potenzielle Opfer einer Bleivergiftung, ist alles deren eigene Schuld, stimmt’s? So kämpfte ich in den vergangenen Monaten um meine Gesundheit und die meiner Freunde, ohne dabei auch nur unterstützt zu werden. Das hat mir die Augen geöffnet, wie der Staat meint, mit Menschen wie mir verfahren zu müssen. Das war eine harte aber ergebnisreiche Lektion. Bei mir und meinen Freunden hat sich seither eine tiefe Abneigung gegen staatsnahe Institutionen, deren Lügen, Vorstellungen und Einstellungen entwickelt und verfestigt und diese wurde durch das Verhalten der Verantwortlichen beim Gesundheitssystem größtenteils bestätigt. (Belächelnde Gesichter überall, als hätte man kein ernsthaftes Anliegen…) Dies öffnet die Augen und befähigt, durch genug Zorn und Ungehaltenheit über bestehende Verhältnisse, eigene Interessen voranzutreiben und mit unseren Forderungen stärker aufzufallen. Denn auch wir sind, wenn auch ein unerwünschter, Teil dieser Bevölkerung, die uns am liebsten mit Blei wegmachen will. Dagegen werden wir uns wehren!
Mein Dealer macht das nicht!
Doch damit nicht genug. Szenefremde Elemente, Zivi-„Polizisten“ und einfach nur Idioten rührten nun die Werbetrommel für die Anschwärzung der Dealer. Dazu muss man wissen, dass die meisten Dealer, die mir bekannt sind, Gras verkaufen, weil sie damit ihren eigenen Konsum decken und damit sie zumindest etwas Einfluss auf Quantität und Qualität haben. Sie bedienen sich auch meist ortsansässiger Indoorgrower, um einen gewissen Standard zu bieten. Jedoch sind und bleiben auch diese Mittelmänner ohne tatsächlichen und permanenten Einfluss auf den Schwarzmarkt, was wohl wieder an der Strafverfolgung der Indoorgrower liegt, da diese es nicht schaffen, den heimischen Bedarf auch nur annähernd quantitativ zu decken, obwohl dies definitiv lohnenswert wie qualitätssteigernd wäre. Im Gegenteil, sie kiffen, sind somit selbst abhängig vom Schwarzmarkt und seinen Widrigkeiten. Und jetzt noch das! Fangen tatsächlich Bekannte, Freunde und Kunden des Dealers an, sich mit ihm zu streiten und darüber nachzudenken, ihn anzuzeigen. Eine unglaubliche Verweigerung der tatsächlichen Realität: Niemals würden das diese Klein- und Mitteldealer machen. Sie würden ihren Kundenstamm vergraulen und sich ordentlich Ärger (wahlweise Drohungen, Schläge, gebrochene Finger mit denen sie ihre Zähne aufsammeln müssen) einhandeln, sie hätten einen immensen Vertrauensverlust, sie bleiben bei Bekanntwerden auf der Scheiße sitzen und haben somit kein Kapital mehr zum Neueinkauf, sie müssen noch mehr die Strafverfolgung fürchten (Anzeige wegen versuchten Totschlags) und da sie selbst das Weed kiffen, ist es noch unwahrscheinlicher, dass sie es mit sowas gefährlichem wie Blei strecken.
Cannabishändler machtlos gegen Giftgras
Somit ist diese Menschengruppe, nimmt man es genau, nun insbesondere durch die Bleigrasgeschichte betroffen. Die Aussagen einiger Leipziger Lokalpolizisten tragen nicht zu einer Vertrauenssteigerung auf irgendeiner Seite bei. Logische Konsequenz ist somit die Verweigerung jeglicher Zusammenarbeit mit der Polizei, der Staatsanwaltschaft usw. – und das nicht aus Unvernunft, sondern im Gegenteil, purer Überlebenstrieb. Meiner Erfahrung nach waren die Dealer genauso überrascht von dem Blei im Gras wie die Konsumenten selber.
Entscheidende Frage: Wer war das?
Hier geht viel rum, von Polizisten und Staatsanwaltschaft, die Vertriebswege aufdecken wollen, sowie vonseiten des mafiösen Schwarzmarkts, der versucht, Haschischprodukte (Afghane, Marrok und Co) wieder zu etablieren. Zu glauben ist das alles nicht, da kein Hintergrundwissen vorhanden ist. Dass bei einer so umfangreichen Kontamination von Gras seitens der Verfolgungsorgane keine Erfolge bei der Strafverfolgung der Bleipanscher zu verzeichnen ist, ist allenfalls noch bezeichnend, aber nicht überraschend. Das Ganze erinnert mich an einen großen Feldzug gegen Gras wie damals in den USA. Ob die Drogenbeauftragte Bäh-Bäh-Bätzing, ZDF, ARD oder sonstige konservative Vereine… seit der Bleigeschichte disqualifiziert man sich wieder öffentlich mit Behauptungen von der harten Droge Marihuana und ähnlichen Märchen. Nach Aussagen der Scouts ist der Aufwand, Gras mit Blei zu panschen, ziemlich groß, wenn dem so ist, ist es auch nicht lohnenswert, dies zu tun. Bleibt die Frage: Wenn nicht aus Profit, warum dann? Warum vergiftet jemand weite Teile der Bevölkerung durch eine zu rauchende Pflanze, die vorallem unter Jugendlichen beliebt ist? Warum? Da bleibt nur großes, ohnmächtiges Kopfschütteln und der schale Nachgeschmack der Repression… So leiden und sterben wir weiter für euer sauberes Deutschland!
Seht es ein! Drug Checking jetzt! Die Legalisierung von Cannabis und allen anderen Drogen jetzt! Sonst verheizt ihr uns – eure Jugend!
Ein Betroffener