Der Begriff Fundamentalismus bezeichnet eine religiöse oder weltanschauliche Strömung, deren Ziel eine Rückbesinnung auf die Wurzeln der Religion oder Ideologie ist. In seiner ursprünglichen Bedeutung geht der Begriff Fundamentalismus auf die Protestbewegung gegen modernistische Tendenzen innerhalb des US-amerikanischen Protestantismus zurück und wurde in diesem Zusammenhang in der Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals verwandt. Fundamentalisten sind zumeist dadurch charakterisiert, dass sie kompromisslos auf den ursprünglichen Grundlagen (oder dem, was sie darunter verstehen) ihrer Religion oder Partei bestehen und darüber keine Diskussion zulassen.
Vernunft gilt als die höchste geistige Fähigkeit des Menschen. Bezogen auf die Tätigkeit des Gehirns ist damit die kognitive Kraft gemeint, die allem Denken zu Grunde liegt. Die Vernunft steht über dem Verstand. Sie ist das Vermögen der Ideen. Vernunft kann daher auch Klugheit und Einsicht bedeuten.
Fundamentalisten reagieren in Situationen, die ihre vorgefasste Meinung tangieren, oft übermäßig emotional und bedenken meist nicht einmal die Relation von Nutzen und Schaden ihres Handelns. Vernünftige Menschen handeln hingegen zumeist nach logischen Kriterien und wägen die Relation von Nutzen und Schaden ihres Handelns so gut wie möglich ab.
Die Aussichten, in der Bundesrepublik Deutschland Cannabis zu (re)legalisieren, müssen derzeit aufgrund der fundamentalistisch geprägten Drogenpolitik der sogenannten Volksparteien CDU, CSU und SPD sowie der FDP als eher schlecht bis sehr schlecht eingeschätzt werden. Obwohl in den letzten Jahrzehnten namhafte Wissenschaftler zur Gefährlichkeit von Drogen äußerst umfangreiche Studienergebnisse präsentierten, fanden diese in den drogenpolitischen Zielsetzungen dieser Parteien keinen Eingang.
Studien zur Gefährlichkeit von Drogen
Der Pariser Pharmazieprofessor Bernard Roques stellte im Jahr 1998 eine Studie vor, die er mit einer zehnköpfigen Expertenkommission nebst sieben externen Beratern im Auftrag von Bernard Kouchner, Staatssekretär für Gesundheit im französischen Ministerium für Arbeit und Solidarität, durchgeführt hatte. Eine seiner zentralen Aussagen: Drogen lassen sich in drei Risikogruppen einteilen. Zu den gefährlichsten Mitteln zählen die Opiate, Alkohol und Kokain. In die mittlere Kategorie fallen Ecstasy, Aufputschmittel, Beruhigungsmittel und Tabak. Relativ geringe Risiken gehen mit Cannabisprodukten wie Haschisch und Marihuana einher.
Professor David Nutt, seinerzeit oberster Drogenberater der britischen Regierung, sorgte im Jahr 2007 für Wirbel. In seiner Studie kam er zusammen mit anderen Drogenexperten zum Schluss, dass Alkohol wesentlich gefährlicher sei als Cannabis. Dies passte dem damaligen britischen Innenminister Alan Johnson nicht und er entließ Nutt in der Folge nach dem Prinzip Wissenschaftliche Fakten in der Drogenpolitik unerwünscht im Jahre 2009. Im Jahr 2010 legten Professor David Nutt (Imperial College London sowie Independent Scientific Committee on Drugs, ISCD), Dr. Leslie A. King (Fachberater der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, EMCDDA) und Dr. Lawrence Phillips von der London School of Economics and Political Science eine neue Studie zur Gefährlichkeit von Drogen vor. Darin bescheinigten die Wissenschaftler dem Alkohol eine Gefährlichkeit, die mehr als dreimal so groß ist wie die von Cannabis.
Ignoranz der Regierenden
Trotz der Erkenntnisse, die Bernard Roques 1998 vorstellte, betonten der damalige Staatspräsident Jacques Chirac wie auch der Regierungschef Lionel Jospin, sie dächten nicht daran, den Konsum weicher Drogen künftig straffrei zu stellen. Auch die britische Regierung wollte die Erkenntniss von Nutt & Co. nicht goutieren, sie feuerte hingegen ihren obersten Drogenberater.
In Deutschland hat die Drogen- und Suchtkommission für das Bundesministerium für Gesundheit im Juni 2002 die Stellungnahme der Drogen- und Suchtkommission zur Verbesserung der Suchtprävention vorgestellt. Das 14-köpfige Gremium hatte sich am 8. Dezember 1999 in Berlin konstituiert.
Die Aufgabe der Kommission war es, Empfehlungen zur Verbesserung der Suchtprävention auszuarbeiten. Des Weiteren sollte die Kommission dazu beitragen, einen neuen Nationalen Aktionsplan Drogen und Suchtmittel zu entwickeln, der die wichtigen Aspekte und Maßnahmen in diesem Bereich auf allen Ebenen umfassen sollte.
Am 4. Juni 2002 hatte die Drogen- und Suchtkommission der damaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und der seinerzeitigen Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD), ihren Abschlussbericht zur Verbesserung der Suchtprävention übergeben. Damals hatte das Gesundheitsministerium zu diesem Anlass eine Pressemitteilung mit dem Titel Politik der Bundesregierung sieht sich durch das Votum der Drogen- und Suchtkommission bestätigt veröffentlicht. Sowohl die Pressemitteilung (Nr. 13 vom 4. Juni 2002) als auch eine Vollversion des Abschlussberichtes der Drogen- und Suchtkommission konnte man über mehrere Monate hinweg auf der Website des Gesundheitsministeriums abrufen. Heute sucht man jedoch auf der Website des Ministeriums vergeblich nach diesen beiden Dokumenten. Sie wurden einfach wieder entfernt. Und damit dies nicht allzu auffällig erschien, wurde bei allen Pressemitteilungen der Drogenbeauftragten aus den Jahren 2001 und 2002 die Nummerierung ebenfalls entfernt. Mit nahezu akribischer Präzision wurden hier nach klassischer Geheimdienstmanier wie zu Stalins Zeiten in der Sowjetunion Dokumente aus Verzeichnissen entfernt, um das in diesen amtlichen Dokumenten transportierte Gedankengut besser ausmerzen zu können.
Die damalige Bundesregierung (Rot-Grün) hatte 2002 genauso fundamentalistisch reagiert wie die französische und die britische Regierung nach der Entgegennahme der von ihr in Auftrag gegebenen wissenschaftlichen Expertise. Offenbar hat bei den Regierenden Fundamentalismus in der Drogenpolitik Vorrang vor Vernunft.
Und Heute?
Auf Bundesebene gibt es keine Anzeichen, dass bei den Unionsparteien CDU und CSU wie auch bei der AfD in der Cannabispolitik eine Abkehr vom fundmentalistisch geprägten Ansatz zu erwarten ist. Für Freunde der Hanfkultur sind deshalb diese Parteien keine gute Wahlempfehlung für die nächste Bundestagswahl. Die Grünen geloben immerhin Besserung und haben auch ein Cannabiskontrollgesetz ausgearbeitet. Die Linke und die FDP setzen sich nachhaltig für einen liberalen vernunftorientierten Umgang mit Cannabis ein. Die letztgenannten Parteien können somit als die vermutlich besseren Alternativen für Freunde des Hanfes klassifiziert werden.
Auf alle Fälle ist es sinnvoll, vor der Wahl die Wahlprüfsteine des Deutschen Hanfverbandes (DHV) zu studieren und in seine Entscheidung mit einzubeziehen. Da für viele Menschen die Wahlen zum Bundestag und zum jeweiligen Landesparlament die einzigen Momente im Leben sind, in denen sie mit ihrer Wahl auch die Drogenpolitik mit beeinflussen, will der DHV mit den Wahlprüfsteinen die Möglichkeit geben, sich insbesondere über die Cannabispolitik der Parteien gründlich zu informieren, damit sie dem Motto „Meine Wahl – Hanf legal!“ auch bei der Wahlentscheidung gerecht werden können.