Bereits vor mehr als 100 Jahren haben Untersuchungen gezeigt, dass der Genuss von Haschisch und/oder Gras weniger Schäden verursacht als der Konsum von Alkohol. Eine Erkenntnis, die die deutsche Bundesregierung Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts nicht publiziert wissen wollte, wie im folgenden dargestellt wird.
Im Jahre 1969 kritisierte im Vorfeld der Umwandlung des Opiumgesetzes in das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) der nicht nur politisch der Studentenbewegung nahestehende „Spiegel“ das Cannabisverbot. Auch die als liberal geltende Wochenzeitung „Die Zeit“ forderte Ende 1969 in einer Artikelserie die Legalisierung oder zumindest die Entkriminalisierung der zum Konsum notwendigen Vorbereitungshandlungen.
Am 4. Juni 1970 informierte Gesundheitsministerin Käte Strobel (SPD) den Bundestag über Regierungspläne zur Schaffung eines neuen Betäubungsmittelgesetzes. Am 13. Juli 1970 präsentierte sie dem Bundeskabinett einen Referentelügennentwurf, der am 12. November 1970 vom Kabinett beschlossen wurde. Ziel des Entwurfs war, bei den Cannabis betreffenden Regelungen eine zum Teil erhebliche Erweiterung der Strafrahmen, „um das Gesetz damit zu einem wirkungsvolleren Instrument bei der Bekämpfung der Rauschgiftsucht zu machen“ (Deutscher Bundestag 1971:1). Zugleich verabschiedete das Kabinett unter Federführung des Ministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit ein „Aktionsprogramm zur Bekämpfung des Drogen- und Rauschmittelgebrauchs“ mit ergänzenden Maßnahmen, die vor allem eine Verstärkung der Verfolgung des Handels und Schmuggels zum Inhalt hatten. An zweiter Stelle stand eine zentral organisierte Kampagne zur „Aufklärung der Bevölkerung“. Neben der offenen Aufklärung „umfasste die Kampagne auch verdeckte Öffentlichkeitsarbeit, bei der die Bundesregierung gezielt nicht als Absender der Information in Erscheinung trat, um den Eindruck einer allgemeinen Trendwende gegen den Cannabiskonsum zu erwecken. So stellte sie etwa Schülerzeitungen und anderen Medien kostenlos anonyme Artikel, Funkspots und Abschreckungsfilme zur Verfügung, die für das Publikum wie redaktionelle Beiträge aussehen sollten. So sollte die Meinung der Bevölkerung manipuliert werden.
Aufgrund eines schriftlichen Appells von Gesundheitministerin Käte Strobel befasste sich der Deutsche Presserat Anfang Juni 1972 mit dem Thema Drogen und forderte die Redaktionen auf, „bei der Behandlung der Drogen- und Rauschmittelgefahren auf eine sensationelle Berichterstattung ebenso zu verzichten wie auf jede Bagatellisierung der Verwendung von Rauschmitteln“. Am 17. Juni 1972 wandte sich zudem der parlamentarische Staatssekretät im Gesundheitsministerium Heinz Westphal (SPD) in einem Brief an Ernst Klett, den Vorsitzenden des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, mit der Bitte, eine vergleichbare Entschließung für den Buchhandel anzuregen, da Bücher wie der „Haschisch-Report“ des Zeit-Redakteurs Rudolf Walter Leonhardt eine „mit Sicherheit … große Anzahl Jugendlicher“ zum Konsum von Cannabis verführt hätten. Die formal begründete Ablehnung Kletts bezeichnete das Ministerium als „enttäuschend„.
Versuche von Zensur scheinen in der Drogenpolitik in der Bundesrepublik Deutschland eine lange Tradition zu haben.