Die Gefährlichkeit von Drogen
Als im März 2007 in einer Studie festgestellt wurde, dass Alkohol wesentlich gefährlicher sei als Cannabis, vermeldeten die meisten Medien diese Erkenntnis als neu. Das vom damals höchsten britischen Drogenberater Prof. David Nutt geführte Forscherteam umfasste 40 Experten, darunter Chemiker, Pharmazeuten, Psychiater, andere Ärzte und Polizisten. Die Experten bewerteten das Gefährdungspotenzial der 20 verbreitetsten Drogen anhand von neun Kriterien. Diese reichten von substanzspezifischen Gefährdungen bis zu den sozialen Kosten und solchen der öffentlichen Gesundheit.
Die damalige Analyse löste erhebliches Interesse und öffentliche Diskussionen aus, während sie bei Fachleuten bezüglich der Auswahl der Kriterien und dem Fehlen einer differenzierenden Gewichtung Bedenken hervorrief.
Als im November 2010 das Wissenschaftsmagazin "The Lancet" eine von Drogenexperten anhand der Gefährlichkeit gegenüber dem Individuum wie auch gegenüber dem Umfeld gewichtete neue Einteilung der Drogen präsentierte, war darüber in den Massenmedien erstaunlich wenig zu erfahren.
Dies verwundert, weil die Analyse zeigt, dass bei einer Kombination beider Faktoren Alkohol als schädlichste Droge angesehen werden muss, gefolgt von Crack und Heroin.
Die Analyse stammt von Professor David Nutt (Imperial College London sowie Independent Scientific Committee on Drugs, ISCD), Dr. Leslie A. King (Fachberater der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, EMCDDA) und Dr. Lawrence Phillips von der London School of Economics and Political Science. In der Analyse wurde eine Nachprüfung der Drogengefährlichkeit mittels des Multi Criteria Decision Analysis-Modells (MCDA) gefertigt. Die MCDA-Technologie wurde bereits erfolgreich eingesetzt, um Entscheidungsträgern bei komplexen Fragestellungen Unterstützung zu bieten. Die Drogen werden innerhalb eines Rahmens von 0 bis 100 mit Punkten bewertet, wobei der Wert 100 der gefährlichsten Droge hinsichtlich eines spezifischen Kriteriums zugeordnet ist. Null steht für gefährdungsfrei.
Die Autoren erklären ihr Modell: "Bei dieser Skalierung der Drogen ist Sorgfalt notwendig, um sicher zu stellen, dass jeder nachfolgende Punkte auf der Skala gleiche Abstufungen der Gefährdung darstellt. Daher sollte eine mit 50 Punkten bewertete Droge halb so gefährlich wirken wie eine mit 100 Punkten." Sie ergänzen, dass eine Null entsprechend für Nichtgefährdung steht.
Ergebnisse der Studie -MCDA-Modell der Gefährlichkeit von Drogen
Insgesamt zeigt das MCDA-Modell, dass Alkohol als gefährlichste Droge angesehen werden muss (Gesamtpunkte 72), Heroin (55) und Crack (54) folgen auf den Plätzen. Heroin, Crack und Methamphetamin hatten die gravierensten Auswirkungen auf die Einzelperson, wohingegen Alkohol, Heroin, und Crack die stärksten Folgen für das Umfeld hatten. Die anderen bewerteten Drogen in einer Rangfolge nach Gesamtgefährdungspotenzial: Methamphetamin (33), Kokain (27), Tabak (26), Amphetamine/Speed (23), Cannabis (20), GHB (18), Benzodiazepine (beispielsweise Valium, 15), Ketamin (15), Methadon (14), Mephedron (13), Butan (10), Kath (9), Ecstasy (9), anabole Steroide (9), LSD (7), Buprenorphin (6), Pilze (5).
Das neue ISCD-MCDA-Modell zeigt somit, dass Alkohol die gefährlichste Droge insgesamt ist, und nahezu dreifach gefährdender als Kokain oder Tabak. Alkohol ist der Studie zufolge fünfmal gefährdender als Mephedron. Laut dieser Studie ist Ecstasy, das während der vergangenen zwei Jahrzehnte erhebliche durch Schäden begründete Aufmerksamkeit in den Medien hervorrief, nur zu einem Achtel so gefährlich wie Alkohol.