Zur Gesundheit
Die Gesundheit des Menschen ist laut Satzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen
. Der Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswissenschaftler Klaus Hurrelmann definiert Gesundheit als Zustand des objektiven und subjektiven Befindens einer Person, der gegeben ist, wenn diese Person sich in den physischen, psychischen und sozialen Bereichen ihrer Entwicklung im Einklang mit den eigenen Möglichkeiten und Zielvorstellungen und den jeweils gegebenen äußeren Lebensbedingungen befindet.
Cannabis als Medizin
Aufgabe des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) ist es eigentlich, den Verkehr mit Betäubungsmitteln zum Wohle und gemäß den Bedürfnissen der Patienten zu regeln. Doch für das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) scheint das BtMG in erster Linie ein Gesetz zur „Verhinderung des Verkehrs mit Betäubungsmitteln“ zu sein. Offensichtlich wird beim BfArM die Verbotskultur (besser: Verbotsunkultur) höher bewertet als das Wohl der Patienten. Dr. Franjo Grotenhermen, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin IACM), erklärte hierzu: Es ist beschämend für ein zivilisiertes Land, dass es für diese Patienten keine andere Lösung findet, als sie wie Verbrecher zu behandeln und ins Gefängnis zu werfen.
- IACM-News vom 18. August 2007
2009 konnte das erste Mal ein Patient Cannabisblüten aus der Apotheke erhalten. Dies ist mit einer Ausnahmegenehmigung möglich, ist aber noch immer mit hohen Hürden - wie der "Austherapiertheit" - verbunden. Auch 2014 ist die Kostenübernahme durch Krankenkassen reine Glückssache, da Cannabisblüten kein offiziell zugelassenes Medikament sind. Viele Patienten, für die Blüten die einzige Alternative sind, haben kein Vermögen mehr, um ständig Apothekenpreise zu bezahlen und müssen so auf ihre Behandlung verzichten.
Im Mai 2011 setzte die Schwarz-Gelb geführte Bundesregierung eine Änderung des Betäubungsmittelrechts durch, welche "Cannabismedikamente" ermöglicht. Stand 2014 ist noch immer nur ein einziges zugelassenes Medikament bei Multipler-Sklerose. Neben der "Nichtvorhergesehenden Nutzung" bei anderen Krankheitsbildern bleiben für viele Betroffene die natürlichen Cannabisblüten aber dennoch das wirksamere Mittel, eine Erfahrung die schon mit vollsynthetischen Präperaten wie Dronabinol gemacht wurde.
Viele Patienten gehen somit auf den Schwarzmarkt um sich ihre Medizin zu besorgen oder, bei jenen, wo das noch möglich ist, fangen an Cannabispflanzen selbst zu ziehen, verbunden mit den Konsequenzen der Strafverfolgung. Erst ein Gerichtsurteil Mitte 2014 zwang die Beamten des Bundeinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dazu, zu einem Anbauantrag nicht Grundsätzlich und Unbegründet abzulehnen. Daraufhin ging das BfArM gegen das Urteil in Berufung.
Die Prohibitionspolitik in der Bundesrepublik Deutschland nimmt Elend und Tod Schwerkranker billigend in Kauf und zeigt damit ihr wahres unmenschliches Gesicht – Im hunderttausendfachen Leid der Schmerz-, Krebs-, AIDS- oder MS-Patienten zeigt sich, dass die deutsche Drogenpolitik weit mehr von Sadismus als von Recht und Ethik geprägt ist. Weshalb gegen solche staatliche Rechtswidrigkeit nicht schnell und nachhaltig gerichtlicher Rechtsschutz mobilisiert werden kann, ist unerklärlich.
Die Hanfparade protestiert gegen diese unmenschliche und rechtswidrige Politik und fordert, dass natürliches Cannabis für Patienten als Medizin zugelassen wird.
Gesundheit und die Riten der Psychonautik
Gesundheit erschöpft sich nicht im Fehlen von Krankheit. Auch das geistige und soziale Wohlergehen gehört zum „Gesund sein“. Gemeinschaftliches Rauchen von Shillums (auch Chillum genannt), Joints und Pfeifen hat eine lange Tradition. Ausgehend vom indischen Subkontinent und dem Himalaya, wo Sadhus rituellen Konsum von Haschisch respektive von Charas (feinstes dunkles von Hand gemachtes Haschisch) praktizieren, wird heute weltweit in ritueller Weise zur seelischen und geistigen Erbauung geraucht. Das gemeinschaftliche Rauchen ist ein altes Kulturerbe und zählt zu den klassischen Riten der Psychonautik. Es dient dem geistigen und sozialen Wohlergehen und ist der Gesundheit (gemäß Satzung der Weltgesundheitsorganisation) förderlich.
Die Lebensfähigkeit solcher Riten zur Förderung des Wohlergehens kann nur gewährleistet werden, wenn es für die Zelebrierung dieser Riten geschützte Räume gibt. Dies ist heute nicht gegeben, da in den allermeisten Staaten der Umgang mit psychotrop wirkenden Substanzen strafrechtlich verfolgt wird und Orte, wo diese Riten zelebriert werden, nicht selten von der Polizei heimgesucht werden.
Ursache für das im Namen des BtMG verübte Unrecht ist die traurige Tatsache, dass ein Teil der Naturwissenschaftler, insbesondere Mediziner, bewusstseinserweiternde Erfahrungen als rein subjektiv einstufen. Außergewöhnliche Bewusstseinszustände, z.B. ein beglückender Rausch, sind einer allgemein anerkannten wissenschaftlichen Untersuchung noch nicht zugänglich. Über ihren „Erlebniswert“ hinaus haben sie derzeit für viele Mediziner keine objektiv fassbare Bedeutung. Es gibt jedoch auch Mediziner, die in der Einnahme psychotrop wirkender Substanzen einen zu nutzenden Segen für die menschliche Gesundheit respektive für das menschliche Wohlbefinden sehen.
Wenn Angst krank macht
Die Verfolgung von Cannabiskonsumenten löst bei diesen nicht selten Ängste aus. Dies verhindert jedoch einen Zustand des vollständigen geistigen und sozialen Wohlergehens und verhindert so bei den Betroffenen die Entwicklung respektive die Erhaltung von Gesundheit. Das Verbot des Umgangs mit Marihuana und Haschisch ist somit kontraproduktiv für die Gesundheit der Konsumenten. Dies gilt insbesondere für Personen, die Cannabis zur Selbstmedikation nutzen, z.B. um ihren Drang zum Alkoholkonsum zu kontrollieren.
Zur Förderung von Gesundheit gilt es in diesem Zusammenhang, Drogenkompetenz und Drogenmündigkeit zu fördern, damit ein vernünftiges Risikomanagement zur Schadensminderung machbar wird. Nur so kann das Individuum auf lange Sicht Drogenautonomie erlangen. Autonomie respektive Selbstbestimmung ist das Gegenteil von Abhängigkeit respektive Fremdbestimmung. Drogenautonomie ist somit das Gegenstück zu Drogenabhängigkeit. Drogenautonomie ist ein Zeichen von Gesundheit, Drogenabhängigkeit ein Zeichen von Krankheit.
Die Hanfparade setzt sich für eine Legalisierung des Umgangs und für einen Schutz des rituellen und hedonistischen Gebrauchs von Cannabis ein. Wir wollen, dass sich Menschen in den physischen, psychischen und sozialen Bereichen ihrer Entwicklung im Einklang mit den eigenen Möglichkeiten und Zielvorstellungen ohne Angst vor Repression entfalten können.